Freitag, 25. Juli 2014

Kineast...Back in Action!

Ihr werdet es mitgekriegt haben: Hier ist lange nichts passiert. Da es für mich vor allem ein Leben außerhalb dieses Blogs gibt, und manchmal Prioritäten gesetzt und Konsequenzen gezogen werden müssen, lag der „Kineast“ eine Weile brach. Doch jetzt habe ich die Zeit gefunden, mich wieder ein wenig darum zu kümmern und möchte zunächst ein paar Dinge nach holen.

Los geht’s mit „Nymphomaniac“. Natürlich habe ich mittlerweile den zweiten, abschließenden Teil des Trierschen Sex-Epos gesehen und muss zugeben, dass sich die Tendenz, die sich bereits zum Ende des ersten Teils angedeutet hat, auch im zweiten Teil vertieft wurde. Storytechnisch geht es natürlich, wie erwartet weiter. Joe liegt im Bett und lässt sich von Seligman gesund pflegen. Als Gegenleistung erzählt sie ihm die Geschichte, wie es dazu kommen konnte, dass sie übel zugerichtet in einer dunklen Gasse lag. All die Dinge, die auf sexueller Ebene im ersten Teil noch fehlten, werden hier noch nach geliefert. Dreier, Auspeitschungen und Masturbation mit einer gebundenen Ausgabe der Bibel. Wie schon im ersten Teil, ist die Darstellung weniger explizit, als erwartet und versteckt sich hinter wenig subtilen Kunstgriffen, wie Weichzeichnern und verdunkelten Einstellungen, so dass es letztendlich gar nicht so viel zu erkennen gibt. Das nimmt dem Film natürlich seine provokante Brisanz, die aber im Vorfeld so ausschweifend beworben wurde. Wenn also der Sex in seiner visuellen Vielfalt fehlt, bleibt nur noch die Story. Und hier schafft es Lars von Treir tatsächlich, für eine Weile zu fesseln. Erzählerisch ist es bestimmt kein Meisterwerk, aber es entsteht ein runder Bogen, der gegen Ende des Films tatsächlich alle losen Enden der Story zu verknüpfen vermag und zu einem sinnvollen, durchaus befriedigenden Abschluss der Geschichte bringt. Tja! Wäre da nicht das wirkliche Ende des Films. Ohne all zu viel spoilern zu wollen, geschehen plötzlich zwanzig Sekunden vor Schluss Dinge, die absolut nicht nachvollziehbar sind und jeglichen gesunden Menschenverstand entbehren. Selten bin ich dermaßen frustriert und verärgert aus einem Film gegangen. Ist Lars von Treir ein Mensch, der es nicht ertragen kann, zumindest ein klitzekleines bisschen Harmonie in der Welt zu wissen? Oder ist das alles Teil der großen Show um seine eigene Person? Ist er wirklich depressiv, oder hat er seine Depression nur zu einem Produkt gemacht, welches er seit vielen Jahren überaus erfolgreich verkauft? Das würde zumindest in Ansätzen dieses völlig sinnentfremdete Ende erklären.

Genug davon! Lassen wir Lars von Trier für eine Weile in Ruhe. In den nächsten Jahren wird sich da sowieso nicht so wahnsinnig viel tun. Widmen wir uns stattdessen den wirklich wichtigen Filmen des letzten viertel Jahres: „X-Men – Days Of Future Past“!
Zu Beginn muss ich voraus schicken, dass ich die X-Men-Filme generell mag. Besonders der erste Teil (2000) galt als richtungsweisend auf dem Gebiet der Comic-Verfilmungen. Durch einfachste Mittel, die aber handwerklich perfekt inszeniert wurden, gelang es Bryan Singer, die schiere Kraft der Mutanten darzustellen. Wenn die aufeinander getroffen sind, flogen nur so die Fetzen durch die Gegend. Obendrein gab es eine Story, die dem Anspruch einer Comicverfilmung perfekt entsprach. Nicht zu ernst, aber auch weit von Over-The-Top! Zusätzlich servierte uns Singer mit Patrick Stewart und Ian McKellen zwei, meiner absoluten Lieblingsschauspieler und es gelang ihm obendrein, ein überzeugender Bezug zu solch historischen Ereignissen, wie dem Holocaust, ohne, dass es unpassend wirkte. „X-Men“ war erfolgreich, aber bei weitem nicht so erfolgreich, wie das heutige Comicverfilmungen schaffen. Dafür gelang dem Film die Vorreiterrolle und Singer diente als Inspiration sämtlicher folgender Comic-Blockbuster, die seine anfänglichen Konzepte einfach weiter führten und perfektionierten. Man denke nur an „Spder-Man“! Hach! Spider-Man! Dann wurde es etwas tragisch. Für den zweiten X-Men-Film zog Singer sämtliche Register. Komplexere Story, geilere Effekte und viel, viel mehr Mutanten. Das funktionierte an der Kinokasse nicht so gut und vielen Comic-Fans kam es so vor, als sähen sie nur eine weitere, spektakuläre, aber austauschbare Comicverfilmung. Für den dritten Teil gab Singer die Regie ab, um sein Herzensprojekt „Superman Returns“ zu realisieren – ein Film dessen unglaubliche Ambitionen nur von seinem kolossalen Scheitern übertroffen wurde. „X-Men 3“ wirkte aber firscher, als sein Vorgänger und brachte die Mutanten-Trilogie gleichermaßen dramatisch, wie auch schlüssig zu einem Abschluss. Damit war noch lange nicht Schluss, den Hugh Jackman glaubte, in Wolverine die Rolle seines Lebens entdeckt zu haben. Leider gab es noch nicht den entsprechend beeindruckenden Film zu dieser Rolle, weshalb er Gavin Hood ins Boot holte, der „X-Men Origins: Wolverine“ inszenierte. Damit sollte eine Spin-Of-Reihe etabliert werden, die der Reihe nach, die einzelnen Mitglieder des Superhelden-Teams vorstellen sollte. Der Film spielt zeitlich einige Jahre vor dem ersten X-Men-Film und erzählt, wie Logan und sein Bruder durch die Zeiten wandeln und letztendlich zu den Mutanten werden, die wir kennen. Einen weiteren Teil der „X-Men-Origins“-Idee gab es nicht, denn der finanzielle Erfolg des Films entsprach nicht den Erwartungen von 20th Century Fox.
War dies das Aus für die X-Men? Schon klingelten die Avengers und es deutete sich an, dass Marvel und Disney die Sache mit der Franchise-Bildung irgendwie besser hinkriegten. Als schon niemand mehr damit rechnete gab Fox grünes Licht für einen neuen X-Men-Film. Der sollte die Vorgeschichte der ursprünglichen X-Men erzählen. Die sehr frühe Vorgeschichte. Von Kindesbeinen an begleiten wir also Professor X, Mystique und Magneto. Erstaunlicherweise funktionierte diese Prequel-Geschichte erstaunlich gut und ich konnte diesen Film richtig genießen. Coole Schauspieler, tolle Effekte, gute Story und eine (fast) nackte Jennifer Lawrence. Auch hier blieb der erhoffte Riesenerfolg aus, der Film spielte aber dennoch eine beachtliche Summe ein und es stand schnell fest, dass das Prequel fortgesetzt werden soll. Vorher geschah noch etwas verwirrendes. Der Wolverine-Film, der einige Jahre zuvor noch als eingestellt galt, weil Daren Aronowsky wohl doch keinen Bock auf Comic-Verfilmungen hatte, tauchte plötzlich wieder auf. Einmal mehr schlüpfte Hugh Jackman in die Rolle des Klingen-schwingenden Mutanten. Dieses Solo-Abenteuer war plötzlich wieder nach den Ereignissen des dritten X-Men-Films angesiedelt und strotzte nur so vor Logik-Fehlern. Wer das Ende von „X-Men 3“ kennt, weiß vielleicht, was ich meine. Die Story führte Logan nach Japan und mehr will ich darüber gar nicht sagen. Der Film war für mich eine Qual und ich habe das meiste vergessen. Gleichzeitig wurde „X-men – Days Of Future Past“ gedreht. Das führte übrigens zu einigen lustigen Verwechslungen. Hugh Jackman tauchte als Wolverine mehrfach am falschen Set auf, weil er wohl selbst den Überblick verloren hatte, in welchem Film er nun grade wie und wo Wolverine spielen sollte. Der neue Film sollte nun die ganzen Verwirrungen auflösen und sozusagen sämtliche Kontinuitäten zusammen führen. Was in Comicform vor einigen Jahren sehr gut funktioniert hatte – die Storyline wurde zwei Jahre lang in 4 durchlaufenden Serien veröffentlicht und gilt als eines der spektakulärsten zusammenhängenden Comic-Abenteuer der Geschichte – konnte in Filmform nur misslingen. Zeitlich befinden wir uns ein paar Jahre in der Zukunft. Alle Mutanten haben plötzlich ihre Mutantenkräfte zurück, obwohl zum Ende des dritten Teils ziemlich unmissverständlich deutlich gemacht wurde, dass das eigentlich nicht sein kann. Außerdem lebt Professor X plötzlich wieder, obwohl auch an dessen Ableben am Ende des dritten Teils kein großer Zweifel bestand. In dieser, also sehr verwirrenden Zeit, werden Mutanten von Sentinels gejagt – übermächtige Terminator-Roboter, die in der Lage sind, die Kräfte ihrer mutierten Gegner zu absorbieren und sie gegen sie selbst einzusetzen. Man ist sogar so verzweifelt, dass alte Feindschaften begraben werden und Magneto plötzlich ein Guter ist. Nun muss jemand in die Vergangenheit geschickt werden, um ein bestimmtes Ereignis zu verhindern, welches zur Herstellung der Killermaschinen führt. Der einzige Mutant der die Strapazen einer Zeitreise überstehen würde, ist Wolverine. In der Vergangenheit muss er also seine Verbündeten finden und sie irgendwie davon überzeugen, dass sie eigentlich keine Feinde sind. Das dadurch die gesamte, bisherige X-Men-Kontinuität mit samt der bekannten Ereignissen obsolet wird, ist eine andere Sache. Fakt ist, der Film macht eine bessere Figur, als gedacht. Die Story wird erstaunlich tiefgründig konstruiert und versucht, allen Figuren die entsprechende Bühne zu verschaffen. Das gelingt tatsächlich ganz gut, auch wenn sich Singer gegen Ende ein bisschen verstrickt, weil es einfach zu viele Dinge gibt, von denen erzählt werden muss. Insgesamt hat der Film ein angenehmes Tempo und bewegt sich etwas abseits der mörderisch schnellen Verfilmungen der Kollegen von Disney. Dennoch versucht „Days Of Future Past“ zu sehr, alles auf einmal zu sein und wieder muss man sagen, der bahnbrechende Supererfolg bleibt aus. Der Film ist okay, aber eben kein Meisterwerk. Aber Singer gibt nicht auf. Niemals! 2016 kommt „X-Men Apocalypse“

Ein weiterer wichtiger – wenn nicht gar einer der wichtigsten Filme des ganzen Jahres – war „12 Years a Slave“, ein Film, den ich zum Kinostart gesehen habe, über den ich einen seitenlangen Text verfasst habe, der wiederum nicht gepostet wurde, weil ich nicht dazu gekommen bin, ihn Korrektur zu lesen. Als ich ihn endlich fertig hatte, war es zu spät und mittlerweile wurde alles wichtige und unwichtige über diesen Film auch an anderer Stelle gesagt und geschrieben. Eine sache fehlt allerdings, weswegen ich den Film an dieser Stelle noch einmal erwähne. Wer „12 Years a Slave“ nicht gesehen hat, möge das unverzüglich nachholen. Steve McQueen hat es geschafft, dieses dunkle Kapitel der amerikanischen Geschichte, packend und absolut ungeschönt auf die Leinwand zu bannen. Es ist erstaunlich, welche Wirkung die einfachsten Bilder auf den Zuschauer haben können. Mir stiegen ständig Vergleiche zum Holocaust in den Kopf und wenn man es nüchtern betrachtet und mal von einigen Details absieht, und man wirklich ein historisches Ereignis suchen will, welches mit den Ausmaßen der Grausamkeit und Menschenverachtung der amerikansichen Sklaverei zu vergleichen ist, kommt man unweigerlich zum Holocaust in Europa. Diese Erkenntnis hat mir dieser Film gebracht. Plötzlich wird einem die Tragweite bewusst und es wird einem klar, dass es nichts schlimmeres gibt, als das, was Menschen anderen Menschen antun können. Der Film hat viele Menschen berührt und letztlich ist er auch mit den prestigeträchtigen Preisen belohnt wurden, die Hollywood ja anscheinend über alles gehen. Ob dieser Film jedoch langfristig etwas in den Köpfen der Menschen verändern konnte, bleibt ab zu warten. Ich jedenfalls, werde „12 Years a Slave“ nie vergessen.

Ich habe noch viele Filme gesehen, über die ich in letzter Konsequenz hier nichts geschrieben habe. Sie alle hier und jetzt ausführlich zu besprechen, würde den Rahmen sprengen. Natürlich müsste ich ausufernd über „Inside Llewyn Davis“ schreiben. Ich belasse es bei zwei Ratschlägen: Seht Euch den Film an! Hört Euch danach den Soundtrack an! Tatsächlich sind diese beiden - nennen wir es mal – Medien in der Lage alles zu transportieren, was man über Film wissen muss.

Mal wieder gesehen habe ich zum Beispiel „Blade Runner“, nachdem nun bekannt wurde, dass Ridley Scott ernsthaft eine Fortsetzung realisieren will. „Blade Runner“ funktioniert immer noch, trotz seiner verstörend Anmutigen Skurrilität. Es ist eben ein Genre-Definierendes Werk, welches auf so viele Arten und Weisen, neue Dinge ausprobiert und teilweise auch etabliert hat. Muss der Film gefallen? Nicht unbedingt, aber gesehen haben sollte man ihn, ohne Frage!

Mal wieder gesehen habe ich „Star Wars“. Bevor jemand die unerhörte Freichheit besitzen kann, zu fragen, welche Star-Wars-Filme ich gesehen habe, beantworte ich sie lieber gleich. Natürlich habe ich die alten, die originalen – ja eigentlich die einzig wahren – Teile gesehen. Ich gehöre zu der Sorte von Menschen, die sich „Star Wars“ niemals in chronologischer Reihenfolge ansehen würden und zu jenen Menschen, für die die Episoden 1 bis 3 eigentlich nicht existieren. Aber auch hier steht uns in den nächsten Jahren eine Fortsetzung an, über die ich persönlich eigentlich gar nichts wissen möchte, bis sie fertig ist und in einem Kino meiner Wahl an zu sehen ist. Jedem Gerücht, welches Hoffnung auf einen gelungenen Film säen könnte, folgt sowieso sehenden Fußes ein Gerücht, welches das Gegenteil bewirkt. Also, warum sollte ich mich verrückt machen. Stattdessen gucke ich mir die Episoden 4-6 noch tausend Mal an und genieße etwas, was mich und meine Faszination für Filme so dermaßen geprägt hat, als das, was es ist: Eine Legende. Und Legenden kann man nicht neu schreiben, egal, was J.J. Abrahms und Disney dazu sagen.

Kurz vor Ende möchte ich noch auf zwei kleinere, weil deutsche Filme aufmerksam machen. Zum einen durfte ich in dieser Woche der Deutschland-Premiere von „Die geliebten Schwestern“ beiwohnen. Ein Film über den großen Dichter Friedrich Schiller und dessen angeblicher Dreier-Beziehung zu den Schwestern Lengefeld aus Rudolstadt. Entgegen sämtlicher Befürchtungen, geht der Film keine oberflächlichen Pfade und hat weitaus mehr zu bieten, als so manche Kostüm-Romanze der letzten Jahre. Mehr dazu gibt es übrigens in der Radio-Sendung am kommenden Sonntag und anschließend auch hier an dieser Stelle. Des weiteren wird es hier demnächst auch um „Wir sind die Neuen“ gehen, den neuen Film von Ralf Westhoff. Dieser Film hat auf zahlreichen Festivals in den letzten Wochen einige Preise eingeheimst und feiert im Moment entsprechende Erfolge an den deutschen Kinokassen. Abseits dieser kalten Fakten hat der Film noch viel mehr zu bieten. Darüber lasse ich mich dann ebenfalls in aller Ausführlichkeit aus.

War's das jetzt wieder für die nächsten sechs Monate? Wo sind die angekündigten Veränderungen? Wo bleibt der nächste „FlimmerCASTen“? Hat Jan wirklich Jennifer Lawrence getroffen? Das sind dringliche Fragen, die ich zumindest teilweise noch beantworten kann. Das war's nicht für das nächste Jahr. Meine berufliche Situation hat sich etwas verändert und gestattet mir, sehr viel zu Hause zu arbeiten. Zeit für's Kino werde ich mir nun auch einfacher frei schaufeln können und so wird es nun auch wieder regelmäßige Beiträge hier geben. Die angedachten Veränderungen für „Kineast“ bleiben noch auf dem Zettel, werden aber momentan nicht praktikabel sein. Irgendwann wird es soweit sein. Der „FlimmerCASTen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt mit Antonia, die selbst nicht weniger zu tun hatte, als ich, in den letzten Monaten. Eine Weiterführung des Podcasts wird demnächst mal bei nem Weinchen diskutiert. Aber keine Bange! Wir sind nach wie vor filmaffine, vor verbaler Inkontinenz nur so strotzende Cracks. Eigentlich die besten Voraussetzungen für ein derartiges Projekt!

Nicht vergessen, am Sonntag, das Radio (bzw. den Stream) ein zu schalten! 14 Uhr geht’s los, ich freu mich auf Euch. Demnächst wird es hier an dieser Stelle noch einen packenden Tatsachenbericht über die schlechteste Sci-Fi-Messe der Welt geben und mal sehen, was sich noch ergibt.

-Jan-

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