Donnerstag, 24. November 2011

Neustarts am 24. November 2011

Twilight 4 – Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht Teil 1
Was kann es bedeuten, wenn ein Film kommt, dessen Titel so lang ist, dass man baden gehen kann, während ihn einer herunter betet? Das Finale der Vampirsaga um Vampir Edward und Menschin Bella geht in die erste Runde und der weltweite Vampirwahn läuft zu absoluten Höchstformen auf. Ich selbst habe keinen einzigen der Filme gesehen. Völlig überkitschter Mist, der so überflüssig ist, wie alkoholfreies Bier. Doch ständig höre ich aus völlig unerwarteten Ecken, es sei gar nicht so schlecht und hätte etwas. Was es nun genau hat, kann man jedenfalls ab heute in den deutschen Kinos sehen. Das echte Finale der Reihe kommt dann im Sommer, so ähnlich, wie bei einer anderen Filmreihe, die zum Ende einen ähnlich langen Titel vorzuweisen hatte.

Der Gott des Gemetzels
Keine Angst, es handelt sich hierbei nicht um einen mittelalterlichten Schlachtfilm. Es ist auch kein Horrorfilm und auch keine undergroundige Folterorgie. Hier kommt der neue Film von Roman Polanski, der seine größten Stärken immer in kleinen kammerspielartigen Dramen einsetzen konnte. Es geht um zwei Elternpaare, deren Kinder sich auf dem Schulhof eine Prügelei geliefert haben. Grund genug, sich doch mal zu treffen und die Problematik in Ruhe zu besprechen. Finden Sie nicht? Die Story, basierend auf einem Theaterstück von von Yasmina Reza ist Klasse, die Schauspieler der absolute Wahnsinn und Roman Polanski ist seit dem faszinierend-verstörendem „Der Tot und das Mädchen“ ein absoluter Meister dieses Fachs. Der Gott des Gemetzels – Ab heute in den deutschen Kinos und demnächst auch in Weimar.

I'm not a f**king Princess

Die Pariser Schauspielerin Eva Ionesco widmet sich in ihrer zweiten Regiearbeit einem schwierigen Thema. Irgendwie bekommen wir Beklemmungen, wenn wir darüber reden müssen. Ist das, worum es hier geht noch Kunst? Wie weit darf Kunst gehen? Wie geht man mit Kunst um, die eindeutig zu weit gegangen ist? Wie weit darf man gehen, bevor die moralische Gesellschaft zurück schlägt. Diese Fragen stellt "I'm not a F**king Princess" und beantwortet sie auf eine recht eigentümlich Art.

Hanah ist Künstlerin und stellt nach mehrfachen Fehlschlägen fest, dass sie nicht als Malerin geeignet zu sein scheint. Ein befreundeter Maler schenkt ihr eine Fotoaparat und gibt ihr damit zweifelsfrei zu verstehen, auf welchem Gebiet der bildenden Kunst sie sich wohl eher betätigen sollte. Hanah kniet sich total in diese neue Welt herein. Sie arbeitet so sehr an ihrer Karriere, dass sich ihre kleine Tochter Violetta vernachlässigt fühlt. Eines Tages nimmt Hanah ihre Tochter mit in ihr Atelier, um ihr zu zeigen, womit sie so viel Zeit verbringt. Aus einem minimalem Impuls heraus, macht Hanah ein Foto von Violetta und ihr fällt in diesem Moment die prickelnde und fast schon laszive Ausstrahlung ihres Kindes auf. So geht es weiter und die Fotos werden immer aufreizender, die Posen immer gewagter und die Kunstspezialisten immer erregter, angesichts dieser tabuträchtigen, aber ästhetisch hoch anspruchsvollen Kunstfotografien. Durch die Fotos wird Violetta regelrecht zu einem Kunstobjekt: Sie scheint sich rein äußerlich in eine lebende Puppe zu verwandeln und entfernt sich so immer mehr von ihrem Leben in der wirklichen Welt.

Dieser Film polarisiert das eigene Gewissen. Einerseits kann man sich der Faszination des Kunstgedankens nicht entziehen, andererseits will man bei manchen Szenen nicht hin sehen. Regelrechte Qualen durchlebt man, wenn die Mutter die kleine Tochter auffordert, sich auszuziehen, oder sich nicht so zu haben, ihre Beine zu spreizen. Keine Angst; der Film arbeitet sehr viel mit der Vorstellungskraft des Zuschauers und Darstellerin Anamaria Vartolomei zeigt nicht annähernd so viel nackte Haut, wie seinerzeit die echte Violetta. Beeindruckend ist der innere, wie auch äußere Wandel des kleinen Mädchens. Sie wird durch ihre Mutter zu einem lebenden Kunstwerk gemacht, und weil sie es in ihren jungen Jahren nicht besser weiß, nimmt sie die Rolle der Prinzessin in sich auf. Interessant ist auch die plötzlich zuschlagende Keule der gesellschaftlichen Doppelmoral. Erst werden die pikanten Fotos von der Kunstwelt und der Öffentlichkeit gefeiert und dann wird die Künstlerin verklagt und das Jugendamt steht mit wedelndem Zeigefinger vor der Tür. Plötzlich sagen alle: „Also, so geht's ja nicht!“ Der Film setzt außerdem sehr gekonnt passende Musik ein. Während der Foto-Shootings hört man stets eine sphärische Fläche von Klängen, wohingegen während der Szenen in der echten Welt kaum Musik zu hören ist und der Lautstärkepegel der Nebengeräusche enorm angezogen wird. Durch diesen hörbaren harten Unterschied, werden diese beiden Ebenen von Violettas Wahrnehmung wirksam getrennt.

„I'm not a f**king Princess“ ist harter Tobak, der sich der Thematik auf eine Leichtigkeit nähert, die schockiert und gleichzeitig fasziniert. Der Film ist auch gleichzeitig Tabubrecher und Gesellschaftsstudie. Einfacher wird es nach dem Kinobesuch auch nicht, über das Thema zu reden. Unser Alltag hilft, es zu verdrängen, aber im Kopf hört es lange nicht auf.

My Little Princess (F, 2011): R.: Eva Ionesco; D.: Isabelle Huppert, Anamaria Vartolomei, Denis Lavant, u.a.; M.: Bertrand Burgalat; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Der Filmblog zum Hören: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 18. November 2011

Neustarts am 17. November 2011

Es ist Zeit für eine neue Rubrik. Im Radio hört man schon länger die wöchentlichen Tipps, welche Filme man sich brandneu und taufrisch ansehen sollte. Ab jetzt kann man das auch auf dem Blog nach lesen.
Los geht's!

Arthur Weihnachtsmann
Kein Weihnachtsfest ohne knuddelige CGI-Kinderfilme! Gemäß diesem Vorsatz serviert uns Hollywood in diesem Jahr „Arthur Weihnachtsmann“ Es geht um den tollpatschigen Sohn des Weihnachtsmannes, der durch sein tollpatschiges Verhalten ganz schön viele tollpatschige Katastrophen verursacht und fast dafür sorgt, dass Weihnachten ausfällt. Die Story ist natürlich nicht besonders einfallsreich, oder kreativ. Aber Mann! Sehen die Viecher wieder niedlich aus. Vor allem die kleinen Gehilfengnome sind ja so was von süß. Wer sich also in eine schöne kleine vorweihnachtliche Stimmung bringen will, kann das ab heute mit „Arthur Weihnachtsmann“ in den deutschen Kinos tun.

Tom Sawyer
Hier haben wir eine Neuverfilmung des Klassikers von Mark Twain. Diesmal ist es aber eine deutsche Produktion. Das mutet ein bisschen merkwürdig an, wenn all die bekannten deutschen Schauspieler versuchen, so amerikanisch zu sein. Der Zielgruppe – Kindern nämlich – dürfte das allerdings egal sein. Wir haben schöne Kostüme, gute Schauspieler, eine tolle Landschaft; wer hätte gedacht, dass es im Harz aussehen könnte, wie in Ohio?. Tom Sawyer – Ab heute in den deutschen Kinos

Thing
Beinahe 30 Jahre nach Erscheinen des beklemmenden Horror-Klassikers von John Carpenter kommt hier kein Remake, auch kein Reboot und schon gar keine Fortsetzung. Dieser Film erzählt tatsächlich die Vorgeschichte. Wir erfahren also, wie das norwegische Forscherteam am Nordpol den Meteoriten findet und Kontakt mit dem Ding aus einer anderen Welt aufnimmt. Das Problem an dem Ding ist, dass es sich in alle Lebewesen verwandeln kann, die es berührt. Neben dem Effektefeuerwerk kann man sich also auf spannende Psychospielchen freuen und bestenfalls weiß man nie, wer nun wirklich wer ist. Hoffentlich kann der Film den hohen Erwartungen stand halten Die Version von 1982 ist nämlich einer meiner Lieblingshorrorfilme.

Das Wort zum Donnerstag

Mitte November und es sieht so aus, als wäre das Kinojahr wirklich langsam gelaufen. Ich weiß, das habe ich schon sehr oft gesagt, aber so langsam scheint wirklich die Luft raus zu sein. Na gut! Wir erwarten sehnlich den Start des neuen Cronenbergs und bei uns ist noch immer nicht der neue Almodovar gelaufen. Es gibt in meinem Bekanntenkreis ein absolutes Verbot, irgendwas über „Die Haut in der ich wohne“ zu erzählen. Nur, weil der Verleih gepennt hat, und nicht ahnen konnte, dass die paar Kopien nicht reichen, lass ich mir nicht den Spaß verderben.

Aber irgendwie sind die Höhepunkte des Jahres 2011 vorbei. Es gab sehr viele Filme, die unglaublich gut waren. Man musste manchmal ein bisschen auf sie warten, und einige Filme über sich ergehen lassen, die weniger gut waren. Los ging's gleich mit einer Enttäuschung, aber keiner Überraschung. „Die Chroniken von Narnia – Die Reise auf der Morgenröte“ war genau so schwach, wie man es angesichts der schwachen Vorgänger erwarten durfte. Kein würdiger Abschluss, aber wenigstens ist es jetzt vorbei. Das Jahr der Fortsetzungen machte seinen Namen alle Ehre und warf gleich darauf den dritten Teil der Focker-Filme mit Robert De Niro und Ben Stiller ins Rennen. Auch hier gab es wenig Überraschungen, man war aber angemessen unterhalten und freute sich über gut gelaunte Superschauspieler. Dann wurde die Geduld wirklich heraus gefordert. „The Green Hornet“ von Michel Gondry bot nicht mehr als unteren Durchschnitt mit völlig alberner und überzogener Geschichte und blöden Figuren. Ein saudummer Film, dessen Überflüssigkeit nur noch von der Penetranz des Hauptdarstellers Seth Rogan übertroffen wurde. Gott sei Dank blieb mir gar nicht so viel Zeit, mich darüber zu ärgern, denn dann kam mit „Black Swan“ der erste richtige Höhepunkt im Jahr. Ich war so begeistert, dass ich schon angst bekam, das neue Jahr hätte all sein Pulver bereits im Januar verschossen und ich müsste mich den Rest von 2011 nur noch mit Gurken herum ärgern.

Der Februar belehrte mich eines Besseren. „Hereafter“, „127 Hours“ und „The King's Speech“ belohnten die Wartezeit und nährten die Freude, ins Kino zu gehen. Und dann gab es einige Ankündigungen, die mich ziemlich aufgeregt machten. Der neue Coen-Film stand vor der Tür und von „True Grit“ versprach ich mir einen intensiven und super spannenden Neo-Western mit einem fantastischen Jeff Bridges. Dass, meine Erwartungen nicht erfüllt wurden, ist nicht dem Film vorzuwerfen, aber irgendwie bin ich noch immer nicht ganz versöhnt. Das zeigt mal wieder, wie unterschiedlich der Eindruck, den man durch einen Trailer gewinnt im Vergleich zum eigentlichen Produkt sein kann. Nächster persönlicher Höhepunkt bildete „Sucker Punch“. Den Ankündigungen entsprechend sollte es ein Actionreißer werden, in dem heiße, knapp bekleidete Mädels massenhaft Monster metzelten. Und genau das war es auch. Welche kosmische Bedeutung Zack Snyder auch immer in sein Werk hinein gedichtet haben wollte, ich habe sie nicht gesehen und war deshalb auch nicht entttäsucht darüber. Im Gegenteil. Derartig kurzweilige Unterhaltung habe ich lange nicht mehr genießen dürfen. Es ist der perfekte Film, einfach nur abzuschalten und zu gaffen.
Anschließend gab es, eine kleine Durststrecke zu absolvieren. „World Incasion: Battle Los Angeles“ war Mist. Jaja. Alle haben's gewusst, aber ich wollte mich auf was cooles freuen. Schwamm drüber! „Thor“ war mittelmäßig okay. Viele gute Ansätze und Ideen aber viel verschenktes Potential. Eine Krankheit, die vielen Marvelverfilmungen innewohnt, die in letzter Zeit heraus kamen. Dann gab's Gänsehaut mit einem schockierend ehrlichen „Winter's Bone“, der ohne jeden Vorbehalt in die Schublade „Böse Filme“ geschoben werden muss. Im Juni war ich eigentlich den ganzen Monat über ziemlich platt. Schuld daran war der neue Film von Terence Malick. „Tree Of Life“ jagt mir immer noch wohlige Schauer über den Rücken, wenn ich nur daran denke. Ein unglaublich intensiver Film, der viel mehr erzählt, als man fassen kann. Dieser Film war die größte Überraschung und traf vollkommen unverhofft. Im Juli ging dann eine filmische Ära zu Ende, die vor zehn Jahren begann. Der letzte Film der Harry Potter Reihe lief an. Relativ ernüchtert von den letzten Vorgängerfilmen, war ich vom letzten Teil doch recht angetan. Ein würdiges Ende mit viel Tragik und Epicness. So muss es laufen. Abschluss heißt allerdings auch Abschluss. Wehe, es kommen irgendwelche Fortsetzungen oder Spin-Offs. Die werden dann wild entschlossen boykottiert. Der August bot mit „Super 8“ eine nostalgische Reise in die Vergangenheit und ließ feststellen, das J.J. Abrahms ein verlässlicher Filmemacher ist und man freut sich mehr als nur ein bisschen auf seine nächsten Projekte.

Im September ging es nach Leipzig zur Filmkunstmesse. Hier gab es einige sehr schöne Filme zu sehen, die mittlerweile angelaufen sind, oder erst noch kommen. Das absolute Highlight hier war der neue Film von Nicolas Winding Refn „Drive“. Dieser Film zählt für mich zu den Besten, die ich je gesehen habe. „Drive“ wäre ganz sicher der beste Film des Jahres 2011 gewesen. Allerdings startet er erst im Januar 2012 und wird somit automatisch zum besten Film nächsten Jahres gekürt. Ich kann mir im Moment nichts vorstellen, was dieses Werk übertreffen könnte. Ein schönes Festivalerlebnis bot das Preview von „Melancholia“. Lars von Trier konnte ich bis her nie so richtig genießen, aber diesmal hatte er es irgendwie geschafft. Der Film war klasse und mittlerweile dürfte ihn wohl jeder Interessierte gesehen haben.

2012 wird wieder die übliche Mischung aus lang angekündigten Blockbustern und vielen kleinen Filmen bieten. The Dark Knight Rises ist da ein wichtiger Fixpunkt, dem ich schon jetzt entgegen fiebere. Abgesehen davon bleibe ich einfach dabei, mich auf gute Filme zu freuen und hoffe, es ist nicht zu viel Mist dabei. Aber das Jahr ist lang und Überraschungen gibt es immer. Und dieses Jahr ist auch noch nicht vorbei. Es sind immerhin noch sechs Wochen, in denen viel passieren kann.

Mittwoch, 16. November 2011

Der Doppelmoppel

Ihr vermisst die letzte Rezension zu "Tyrannosaur"? Darauf müsst Ihr nicht warten, denn sie ist längst online. Den Film habe ich bereits im September auf der Filmkunstmesse in Leipzig gesehen und ihn jetzt zum Start im Sender besprochen. Da ich dachte, es wäre ein bisschen sinnlos, den gleichen Text zwei mal zu posten, spare ich mir das, und verweise an dieser Stelle auf den Artikel aus Leipzig. Viel Spaß beim nochmaligen Lesen.

Zur Rezension über "Tyrannosaur - Eine Liebesgeschichte" geht's hier!

Mittwoch, 9. November 2011

Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn

Manchmal ist es schon lustig, was uns mit schlichten Werbeslogans eingetrichtert wird. Wenn man jetzt ganz unverbindlich fragt, wer denn einer der berühmtesten Comichelden der Welt ist, kommt man wahrscheinlich auf Superman, oder Batman. Vielleicht sogar Spider-Man, oder neuerdings auch Captain America. Doch die amerikanischen Superhelden sind nicht der Anfang der Comicgeschichte. Bereits 1929 erblickte der vom belgischen Zeichner Herge erfundene Reporter Tim und sein verdammt smarter kleiner Knuddelhund Struppi das Licht der Comicwelt und entwickelte sich tatsächlich zu einem der beliebtesten und bedeutendsten Figuren der europäischen Comickultur. Nun hat sich Steven Spielberg dieses Monstrum aus Superlativen geschnappt und verfilmt. Und das Ergebnis ist – gelinde gesagt – beeindruckend.

Tim ist ein aufgeweckter junger Reporter, der stets neugierig auf der Suche nach einer packenden Story durch die Weltgeschichte wandert. Eines Tages findet er auf einem Flohmarkt das Modell eines alten Schiffes – der Einhorn. Zunächst ist er nur von dessen Detailreichtum und Schönheit verzaubert. Doch als er es kaufen will, tauchen gleich zwei fremde Männer auf, die das Modell um jeden Preis haben wollen. Tim bleibt hart und behält das Schiff. Kaum zu Hause angekommen, erwacht bereits die Neugier und Tim versucht, heraus zu bekommen, was es mit dem Schiff auf sich hat. Als dann noch eingebrochen wird und das Model verschwindet, weiß er, es muss sich um ein großes Geheimnis handeln. Die Spur führt zu den Haddocks, einem altehrwürdigen Geschlecht echter Seebären, doch der einzige noch lebende Vertreter der Familie ist verschwunden und der merkwürdige Herr Sakharine hat irgendwas mit der ganzen Geschichte zu tun. Ehe es sich Tim versieht, ist er in ein aufregendes und gefährliches Abenteuer verstrickt.

Bei all den Comicverfilmungen, die am laufenden Band erscheinen, kann man schnell den Überblick verlieren, ganz zu schweigen vom Interesse. Für viele ist der neue Spielberg also wahrscheinlich lediglich nur ein weiterer Comicfilm unter vielen. Doch gibt es einen Unterschied. Spielberg hat nicht umsonst die Finger von all den Superhelden gelassen, die derzeit im Expressverfahren und nach Schema F auf die Leinwand flattern. Spielberg hat sich eine ganz besondere Vorlage ausgesucht und sie auch in etwas ganz besonderes verwandelt. Im Gegensatz zu seinen Kollegen hat er keine neue Story für den Film erfunden, sondern hält sich eins zu eins an die papierne Vorlage. Die Rechnung dahinter ist ganz einfach. Die Dramaturgie und Spannungskurve, die schon in Comicform funktioniert hat, funktioniert auch auf der Leinwand. Hier wird nichts hinzu gedichtet und es werden auch keine krampfhaften Storykapriolen vollführt, nur um etwa möglichst viele Figuren zu zeigen, obwohl diese in der Vorlage noch lange nicht auftauchen. Im Gegenteil; man lässt sich sogar relativ viel Zeit, die Figuren dieser Geschichte zu etablieren und auszubauen. Die Charaktere sind natürlich recht einfach gestrickt und behalten ihre comichafte Natur. Das ist natürlich auch dem Look des Films geschuldet. Die ersten Trailer ließen vermuten, es handele sich um eine Realverfilmung. Allerdings ist alles – also wirklich alles am Computer entstanden. Die zahlreichen, nicht unbekannten Schauspieler mimen die Figuren mit Hilfe der immer besser entwickelten Motion-Capturing-Technik, die man seinerzeit sehr eindrucksvoll bereits an Gollum bestaunen durfte. Kein Wunder also, dass Andy Serkis auch wieder mit von der Partie ist und den bärbeißigen, aber herzensguten Kapitän Haddock spielt. Das ganze Verfahren wurde soweit perfektioniert, dass man vor Staunen den Mund nicht zu bekommt. Es sieht wirklich alles unglaublich toll aus. An vielen Stellen fühlt man sich sogar genötigt, Vergleiche zu Camerons „Avatar“ zu ziehen. Tricktechnisch liegen Tim und Struppi in diesem Vergleich sogar eine Nasenlänge vorn.

„Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn“ macht großen Spaß und Spielberg und Jackson haben es nicht nur vollbracht, eine schöne Adaption einer bekannten Comicgeschichte zu basteln, sie haben ihren ganz typischen Stil mit eingebracht und mehr als einmal kommt – sagen wir mal – Indy-Feeling auf. Die Bilder sehen geil aus. Also wirklich geil. So geil, dass man sich fragt, ob es mit echten Schauspielern und echten Kulissen nicht noch geiler ausgesehen hätte. Mal sehen, was der zweite Teil bringt. Der kommt irgendwann in den nächsten Jahren, müsste konsequenter Weise „Der Schatz Rackhams des Roten“ heißen und diesmal unter Regie von Peter Jackson entstehen.

The Adventures Of Tintin – The Secret Of The Unicorn (USA, 2011): R.: Steven Spielberg; D.: Jamie Bell, Andy Serkis, Daniel Craig, u.a.; M.: John Williams; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Der Filmblog zum Hören: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.