Montag, 22. August 2011

Planet der Affen - Prevolution

Es ist immer wieder der Affe. Immer wieder werden unsere nächsten Verwandten im Tierreich als Motiv für mehr oder weniger spannende Geschichten verwendet. Sei das King Kong, als Urmonstrosität des Films schlechthin, oder die Vorabendserie „Unser Charly“, in der ein abgerichteter Schimpanse das Leben in einer typisch deutschen Bilderbuchfamilie genießt. Ein echtes Phänomen bietet da die Filmreihe rund um den Planeten der Affen. 1968 landete Charlton Heston nach einem missglückten Weltraumflug auf jener Welt, die der Erde ganz ähnlich war und musste feststellen, dass hier die Affen das Sagen hatten und die Menschen in Käfigen und Zoos lebten. Nach vier Fortsetzungen, die immer verworrener und trashiger wurden, endete die Serie, um 2001 neu gestartet zu werden. Hier versuchte Tim Burton, die Story mit einem düsteren Touch zu versehen, fuhr außerdem unglaublich detaillierte Affenkostüme und Masken auf und ließ das Ganze letztlich doch zu einem oberflächlichen Actionstreifen verkommen, der an den Kassen schweren Schiffbruch erlitt. Zehn Jahre später rechnete wohl niemand mit einer ernst zu nehmenden Fortsetzung der Reihe, denn trotz ihrer relativen Bekanntheit, sind sich Fans und Kritiker einig: „Planet der Affen“ war nie wirklich gut und hat den Status des soliden Durchschnitts selten überflügeln können. Grund genug also, sich den neuesten Ableger „Planet der Affen – Prevolution“ mit einer gesunden Portion Skepsis zu nähren.

Will ist Wissenschaftler und Hirnforscher. Er hat ein neuartiges Mittel entwickelt, welches ein krankes Gehirn dazu bringt, neue Hirnzellen zu generieren. Dadurch soll zum Beispiel Alzheimer geheilt werden. Bevor das Präparat in den Handel kommen kann, muss es natürlich ausgiebig getestet werden. Dazu werden in Wills Labor zahlreiche Affen gehalten – vorwiegend Schimpansen. Eine Affendame spricht besonders gut auf das Mittel an und zeigt eine enorm gesteigerte Intelligenz. Doch bevor es zur Präsentation vor den Geldgebern gehen kann, dreht das Tier durch und greift seine Pfleger an. Im Eifer des Gefechts wird sie getötet und ihr aggressives Verhalten dem Medikament in die Schuhe geschoben. Will entdeckt allerdings den wahren Grund. Die Affendame hat ein Junges bekommen und wollte es lediglich verteidigen. Will nimmt sich des Affenbabys Caesar an und lässt es zu Hause einziehen. Der Kleine zeigt sehr schnell eine enorme Intelligenz, die weit über das kognitive Verhalten seiner Artgenossen oder gar gleichaltriger Menschen hinaus geht. Nach einigen Jahren gibt es allerdings ein Unglück. Wills verwirrter Vater bekommt Ärger mit dem spießigen Nachbarn, der enorm gereizt und aggressiv auftritt. Caesar beobachtet den Streit und greift den Nachbarn an, um Wills Vater zu beschützen. Caesar wird nun in ein Tierheim gesteckt, wo er das erste Mal mit anderen Affen in Kontakt kommt und außerdem das erste Mal merkt, dass die meisten Menschen ganz und gar nicht freundlich mit Tieren umgehen. Bald ersinnt er einen Plan, sich und seinen misshandelten Mitaffen zu helfen.

„Gott sei Dank ist die Brücke ganz geblieben“. Mein Papa vertritt da die Einstellung, sich keine Filme anzusehen, in denen die Golden Gate Bridge in San Francisco beschädigt, oder gar zerstört wird. Wenn es nur darum geht, kann ich ihm „Prevolution“ schon mal bedenkenlos empfehlen, auch, wenn es zwischendurch knapp wird und schlecht aussieht für die schönste Brücke der Welt. Muss man diesen Film so oberflächlich bewerten? Man muss nicht, aber man kann. „Prevolution“ hat viele gute Ansätze, die der Film aber irgendwie nicht weiterführt. Das fängt bei den Charakteren an, geht mit der visuellen Darstellung weiter und endet mit der Story. Der Reihe nach: Alle Figuren, einschließlich des Hauptaffen, sind nur oberflächlich und substanzlos entwickelt. Es ist fast so, als hätte man eine Schablone für typische Charaktere genommen und diese eingebaut, ohne dass den Figuren eine tiefere Bedeutung zugestanden wurde. Was die Darstellung der Affen angeht, haben WETA mal wieder großartige Arbeit geleistet. Die Mimik und Gestik sind unglaublich gründlich animiert und mit Hilfe des Meisters der Motion-Capturing-Methode Andy Serkis nahezu perfektioniert worden. Das Design der Tiere ist allerdings zu fett geraten. Die Affen sehen doch zu unrealistisch aus. Sie sind viel zu groß und mächtig und man sieht sofort, dass es sich um unechte Tiere handelt. Der Hauptkritikpunkt ist die Oberflächlichkeit der Story. Gerade auf dem Gebiet der Forschung mit Menschenaffen wurden in den letzten 30 Jahren enorm viele Erkenntnisse gesammelt, so dass man den Science-Fiction-Part der Geschichte getrost durch echte Fakten hätte ersetzen können. So wirkt das ganze insgesamt übertrieben und unrealistisch und eben so, als hätte man sich nicht ausreichend Gedanken gemacht, wie man dieses vielseitige Thema umsetzen könnte. Doch Halt! Will dieser Film ein exaktes Spiegelbild der heutigen wissenschaftlichen Kenntnisse über Menschenaffen reflektieren? Viel mehr erzählt „Prevolution“ doch die Vorgeschichte eines abgefahrenen Science-Fiction-Films, in der die Affen als Fleisch gewordene Katharsis der Menschheit auftreten, und wir gezeigt bekommen, wie sehr wir unser Schicksal vielleicht jetzt schon aus der Hand gegeben haben und uns von Technik und Wissenschaft abhängig gemacht haben. So ist der Film auch mit liebevoll und clever eingebauten Zitaten auf die alten Filme durchsetzt und sogar der berühmte Heston-Satz wurde in einer verblüffend wirkenden Schlüsselszene verwendet.

„Planet der Affen – Prevolution“ ist gute Unterhaltung und auch, wenn er die eigentliche Thematik nicht mehr als oberflächlich anreißt, kann man diesen Aspekt vielleicht ausblenden. Wenn man der Film nämlich in Hinblick auf die gesamte Serie bewertet, haben wir hier tatsächlich den besten Teil, der den Titel „Planet der Affen“ trägt und man darf gespannt sein, wie es in den kommenden Filmen weiter geht. Vielleicht bieten die Fortsetzungen dann auch den entsprechenden Tiefgang auf thematischer Ebene.

Rise Of The Planet Of The Apes (USA, 2011): R.: Rupert Wyatt; D.: James Franco, Freida Pinto, Andy Serkis, u.a.; M.: Patrick Doyle; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Kineast On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Donnerstag, 11. August 2011

Super 8

Und mal wieder schwelgen wir in Erinnerungen an die gute alte Zeit, in der Filme noch echte Geschichten erzählt haben; als es noch Filme gab, die einen unergründbaren Zauber mitbrachten. Große Namen bringt man mit ebenso großen Filmtiteln in Verbindung und man sucht dieser Tage sehr lange, bis einem vergleichbare Titel in den Sinn kommen. Seit ein paar Jahren treibt sich ein Regisseur in Hollywood herum, der es tatsächlich schaffen könnte, den alten Zauber von ET und Konsorten wieder aufleben zu lassen. J.J. Abrams schaffte es, die angestaubte Star Trek Franchise mit einem mächtigen Stromschock wieder zu beleben und etablierte ebenso das tot geglaubte Genre des Found-Footage-Movies in den Kinos neu. Nun meldet er sich mit einem ebenso überraschenden, wie auch überzeugendem Machwerk zurück und bleibt seiner Erfolgskurve treu.

Wir befinden uns in einer typischen amerikanischen Kleinstadt in den 70er Jahren. Hier lebt Joe mit seinem Vater zusammen. Seine Mutter ist gerade bei einem Unfall im Stahlwerk gestorben und der sensible Junge flüchtet sich in Arbeit. Sein bester Freund Charles dreht nämlich einen Film. Er will mit seinem Werk an einem lokalen Filmfestival teil nehmen und nimmt dieses Projekt sehr ernst. Mit Hilfe seiner Freunde hat er auch schon einige Szenen abdrehen können, doch fehlt noch das gewisse Etwas. Das verspricht er sich von der schönen Alice. Sie hat nicht nur verborgene schauspielerische Talente, sondern kann Auto fahren. Außerdem hat sie es Joe angetan und er hat sich sofort in sie verliebt. Die erste Szene soll am Bahnhof der Kleinstadt spielen und Charles erhofft sich tolle Aufnahmen, als auch noch ein Güterzug heran gerast kommt. Während der Szene geschieht allerdings ein Unglück und der Zug entgleist spektakulär. Alle Kinder überstehen den Unfall beinahe unbeschadet und können beobachten, dass irgendwas aus einem Waggon ausgebrochen zu sein scheint. Als dann noch das Militär anrückt, ergreifen sie die Flucht. Nun erhoffen sie sich mehr Aufschluss von der Aufnahme ihrer Super 8 Kamera, die das gesamte Unglück gefilmt hat.

Wie bei J.J. Abrams üblich, lag auch „Super 8“ eine regelrecht virale Werbekampagne zu Grunde. Der erste Teaser zeigte lediglich das Zugunglück und die schwer zu missverstehende Botschaft „It Arrives“. Zusätzlich gab die Homepage des Filmes seine Inhalte nur preis, wenn man sich seiner alten BASIC-Programmier-Kenntnisse erinnerte, denn die ganze Seite war aufgebaut, wie jenes erste Betriebssystem. Die Spekulationen wurden immer wilder und der Hype um den Film entwickelte sich quasi von alleine. Die große Überraschung: Es ist kein Actionthriller im Found-Footage-Stil, sondern eine typische Abenteuergeschichte um eine Gruppe von Außenseiterkids in der amerikanischen Kleinstadt. Ein Motiv, welches nicht zu Letzt durch die Herren Spielberg und King sehr ausgiebig geprägt wurde. Und genau daran erinnert auch der ganze Stil des Films. Die Ästhetik entspricht typischen Genrestreifen und auch die Story erinnert stark an ET, oder etwas grusliger eben, an ES. Die Figuren sind auch entsprechend typisch ausgefallen. Es gibt den sensiblen fantasievollen Jungen, es gibt den dicken, cholerischen, aber irgendwie liebenswerten Jungen, es gibt DAS Mädchen und lauter böse Erwachsene, die nie zu hören und den Kindern sowieso nicht glauben. Ach ja! Und dann gibt es noch das Monster, welches angesichts der starken Charaktere und der Rahmenhandlung beinahe in den Hintergrund rückt und so zur eigentlichen Rahmenhandlung degradiert wird. Das ist auch das Kunststück, welches Spielberg seinerzeit immer wieder gelang, dass trotz all der Effekte und der Science-Fiction in seinen Filmen, die eigentliche Geschichte eine ganz andere war. Es waren stets Geschichten über Freundschaft und Zusammenhalt und auch über den Glauben daran, das Richtige zu tun. Bei „Super 8“ erwacht sozusagen auch der Spielberg und wie früher, wurde auch hier die Spannung immer wieder durch witzige und erheiternde Einwürfe aufgelockert. Abrams zeigt hier auch ein leider sehr seltenes Talent, nämlich die Kinderschauspieler so an zu leiten, dass sie natürlich wirken und nicht so, als hätten sie einfach nur ihren Text auswendig gelernt. Lobend zu erwähnen wäre auf jeden Fall noch die Arbeit von Michael Giacchino. Der Haus- und Hofkomponist beweist wieder einmal, wie kreativ man mit simplen Melodien einen abwechslungsreichen Soundtrack kreieren kann. Auch hier fällt mir ein ganz großer Name zum Vergleich ein.

„Super 8“ ist toll und schafft es, total unverkrampft, ein altes Genre, wieder zu beleben, ohne es in eine neue Form pressen zu wollen. Vielleicht haben wir hier tatsächlich einen würdigen Nachfolger für eben jene großen Namen gefunden und man darf sich nun voller Spannung auf Abrams' nächsten Streich freuen und der heißt ja dann wohl „Star Trek 2“

Super 8 (USA, 2011): R.: J.J. Abrams; D.: Joel Courtney, Kyle Chandler, Elle Fanning, u.a.; M.: Michael Giacchono; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Kineast On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.

Barney's Version

Romanverfilmungen haben es immer schwer. Viele Leute haben das Buch gelesen und gehen also mit entsprechenden Erwartungen ins Kino, die natürlich meistens nicht erfüllt werden. Handelt es sich um ein Buch, welches sehr große finanzielle Erfolge einfahren konnte, wird die Sache noch ein bisschen schwieriger. Das Studio will möglichst viel Geld aus der Zitrone pressen, also werden supertolle und vor allem superteure Schauspieler engagiert, ein hochkarätiger Regisseur wird eingesetzt und der Autor des Romans bekommt Zutritt zum Set und darf alle Nasen lang intervenieren, wenn ihm irgendwas nicht passt. Dieser ganze Aufwand, nur um hinterher von der Mehrheit der Zuschauer zu hören, dass das Buch doch besser sei, obwohl das eigentlich von vorn herein klar war? Es gibt seltene, aber um so angenehmere Ausnahmen, wie der neue Film von Richard J. Lewis, „Barney's Version“ beweist.

Barney hat ein Problem. Er hat die perfekte Frau gefunden. Sie ist wunderschön, intelligent und witzig und Barney hat das erste Mal in seinem Leben das Gefühl, richtig verliebt zu sein. Wo liegt jetzt eigentlich das Problem? Ach ja! Barney hat diese besagte Frau gerade kennen gelernt und zwar auf seiner eigenen Hochzeit. Er hat der reichen tochter eines angesehenen Mitglieds der jüdischen Gemeinde das Jawort gegeben und schon hat es ihn eiskalt erwischt. Nun ist er wild entschlossen, alles zu unternehmen, um Miriam zu bekommen und heckt einen rafinierten und perfiden Plan aus, um seine Ehefrau irgendwie loszuwerden. Ausführung dieses Plans kommt es allerdings nicht, denn Barneys bester Freund Boogie funkt dazwischen und sorgt sozusagen aktiv dafür, dass die Scheidung eingereicht wird. Umgehend. Barney lässt keine Minute tatenlos vergehen und rast sofort nach New York, um sich um seine Angebetete Miriam zu kümmern. Bald führt er zusammen mit ihr ein gutes Leben. Mit dem Geld, welches er bei einer Produktionsfirma für billige Seifenopern verdient, kann er sich und seiner jungen Familie ein gutes Leben bieten. Doch nach einer Weile scheint Miriam unzufrieden mit ihrem Leben zu sein, ein neuer, viel zu netter – ja geradezu scheißfreundlicher – Nachbar kommt immer wieder zu Besuch und ein Polizist bedrängt Barney immer wieder und bezichtigt ihn eines schweren Verbrechens.

Paul Giamatti ist ein guter Schauspieler. Ich mag ihn sehr, denn er spielt immer ganz normale Typen; den unteren Durchschnitt sozusagen. Oder er spielt Typen, die ganz und gar nicht normal sind, gibt ihnen aber durch seine Darstellung eine sehr sympathische und natürliche Note, wie man zum Beispiel in „Shoot 'em Up“ sehr eindrucksvoll sehen kann. In „Barney's Version“ spielt er den sarkastischen, neurotischen, aber irgendwie liebenswerten Barney Pernofsky, den der Film durch sein ganzes Leben begleitet, der dem Zuschauer ein unglaublich detailiertes Fenster in die wilden 70er Jahre öffnet. Die Atmosphäre des Films wird durch einen dezenten, aber irgendwie auch bissigen und sarkastischen Ton geprägt, der im Film immer wieder als typisch jüdischer Humor klassifiziert wird. Neben einer nahezu epischen Erzählart fällt aber eben vor allem die charismatische Hauptfigur in den Fokus. Paul Giamatti spielt vielseitig und überzeugend die unterschiedlichen Altersstufen der Figur. Besonderes Augenmerk liegt auf Dustin Hoffman, der als Barneys Vater und alternder Polizist einen kleinen, aber denkwürdigen Auftritt absolviert. Der Film ist außerdem durchsetzt mit gleichermaßen witzigen, wie auch traurigen Szenen und bietet damit alle Zutaten für eine waschechte Tragikomödie, die zusätzlich noch auf wahren Begebenheiten basiert. Richard J. Lewis hat sich für einen schlichten, leicht angestaupten Stil entschieden, der in seiner Ästhetik an „Der Pate“ oder „Es war einmal in Amerika“ erinnert. Dieses Gefühl kommt auf durch die alten Autos, oder durch die Frisurenund nicht zu Letzt durch ein leicht körniges und blasses Bild. Zusammen mit der sehr schönen Musik von Pasquale Catalano ergibt sich ein stimmiges Kleinod, derer Art man lange nicht gesehen hat.

„Barney's Version“ ist ein sehr schöner Film, der immer wieder zwischen Witz und Melancholie hin und her schwankt. Der Film wurde zwar im Vorfeld immer mit Alexander Paynes „Sideways“ verglichten, die einzige Gemeinsamkeit ist aber tatsächlich der Hauptdarsteller, der hier eben beweist, wie vielseitig ein Schauspieler sein kann, der bisher lediglich als Charakterdarsteller gehandelt wurde. Vielleicht wird es demnächst dann tatsächlich einen Durchbruch für Paul Giamatti geben.

Barney's Version (USA, 2010): R.: Richard J. Lewis; D.: Paul Giamatti, Dustin Hoffman, Rosamund Pike, u.a.; M.: Pasquale Catalano; Offizielle Homepage

Kineast On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr auf Radio Lotte Weimar.