Donnerstag, 28. Januar 2010

Sherlock Holmes

Reden wir über drei Männer, die sehr viel gemeinsam haben und deren Aufeinandertreffen trotzdem in jeder Hinsicht spektakulär zu werden verspricht. Alle drei sind weltberühmt und machen sich regelmäßig unbeliebt, weil sie in ihrem jeweiligen Milieu als Querulanten gelten, die sich immer nach Rebellion und dem Aufrütteln der Konventionen sehnen. Einer ist jemand, der sich Figuren ausdenkt, der andere ist einer, der ausgedachte Figuren spielt und der Dritte ist eine ausgedachte Figur. Meine Damen und Herren. begrüßen sie mit mir, Guy Ritchie, Robert Downey Junior und Sherlock Holmes.

London im ausgehenden 19. Jahrhundert. Eine Serie von Ritualmorden erschüttert die Stadt. Es gab bereits fünf Opfer und ein sechstes wird vermisst. Alle Opfer waren junge, wunderschöne Frauen. Doch der Welt bester Detektiv Sherlock Holmes ist im Bilde. Mit seinem Kollegen und Freund Watson gelingt es ihm in letzter Sekunde, den Mord zu verhindern und den Täter dingfest zu machen. Der ist niemand anderes als der finstere Lord Blackwood und der schwört noch am Tatort schreckliche Rache. Holmes kann darüber nur herzlich lachen, denn Blackwood wird zum Tode am Strick verurteilt. Doch nach der Vollstreckung häufen sich mysteriöse Vorfälle. So will ein Friedhofswärter gesehen haben, wie der Lord seinem Grab entstiegen sei. Sherlock Holmes ist natürlich keiner, der an schwarze Magie glaubt und schert sich nicht weiter um die Gerüchte. Stattdessen geht er dem Auftrag der schönen Irene nach, jemanden für sie zu finden. Noch ahnt er nicht, dass Irene für einen Mittelsmann Blackwoods arbeitet und alles Teil einer wohl durchdachten und teuflischen Verschwörung ist, deren Ziel nicht nur der Tod Holmes' ist, sondern auch der hunderter unschuldiger Menschen.

Sherlock Holmes lebt. Wieder mal. Zum gefühlten hundertsten Mal wurde der berühmte Detektiv für die Leinwand aufbereitet. Sowohl Regisseur Guy Ritchie, als auch Hauptdarsteller Robert Downey Junior erfüllten sich mit diesem Film einen Kindheitstraum. Es ist schwer zu übersehen, welchen Spaß die beiden beim Dreh hatten und gleichzeitig ist auch die tiefe Verehrung für die Vorlage intensiv zu spüren. Die ganze Atmosphäre ist stimmig. Blasse, angegraute Bilder in einem schmutzigen und riesigen London, in dem moderne Technik auf geradezu mittelalterliche Zustände trifft. Auffällig ist hierbei, dass Kulissen gebaut wurden und das London aus vergangenen Tagen auf einem riesigen Studiogelände aufgebaut wurde, anstatt auf digitale Techniken zurück zu greifen. Cool ist auch, wie die bekannten und prägenden Elemente der Vorlage auf den rabiaten Humor von Guy Richie treffen, ohne daraus zu viel Klamauk zu machen. Robert Downey Junior ist ein Schauspieler, der immer auf seine Art gleich spielt. Egal, wen er verkörpert, er ist immer der leicht gammelige, zynische aber saucoole Typ. Interessanterweise wirkt es nie aufgesetzt und es hat - bis jetzt zumindest - immer zu den Rollen gepasst, so dass ich ihn immer wieder gerne sehe, egal, wen er spielt. Jude Law spielt den getreuen Doktor Watson. Die Beziehung der beiden begründet sich auf einer Art Hassliebe. Allerdings vertritt der neue Film nicht die bekannte Theorie, Holmes sei ein Aufschneider gewesen und Watson hätte in Wirklichkeit die Fälle gelöst. Vielmehr sind beide eher gleichberechtigt. Holmes ist immer das Genie, einen halben Schritt vom Wahnsinn entfernt und Watson bietet ihm immer die nötige Stütze, die er braucht, um überhaupt etwas gebacken zu kriegen. Die Dialoge zwischen diesen beiden Hauptfiguren sind es, die den wesentlichen inhaltlichen Teil des Filmes prägen und überraschender Weise ist eben diese Beziehung sehr detailliert ausgearbeitet und nicht zu oberflächlich geraten.

"Sherlock Holmes" ist genau das geworden, was man bei der Kombination Ritchie, Downey Junior erwarten durfte. Kurzweilige Krimi Action, stilvoll in Szene gesetzt und ein würdiges Denkmal für den berühmtesten Detektiven der Welt.

Sherlock Holmes (USA 2009): R.: Guy Ritchie; D.: Robert Downey Junior, Jude Law, Rachel McAdams, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Immer Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Sonntag, 24. Januar 2010

Surrogates

Nie wieder krank sein? Nie wieder Schmerzen fühlen? Sich nie wieder auf den eigenen, angreifbaren und schwachen Körper verlassen müssen? Nie wieder irgendwas fühlen! Klingt nicht gerade nach einer erstrebenswerten Zukunft. Trotzdem werden in wenigen Jahren alle Menschen durch Roboter ersetzt sein. Während die lebenden Menschen zu Hause in einem speziellen Stuhl liegen, steuern sie ihre künstlichen Alter Ego. Diese Maschinen übernehmen einfach ihr öffentliches Leben. Zumindest spielt es sich so im neuen Film „Surrogates“ von Jonatahn Mostow ab, der diese Woche in den deutschen Kinos gestartet ist.

Die Welt ist sauber und nahezu perfekt geworden. Alle sind glücklich mit ihren künstlichen Körpern. Die Zahl der ansteckenden Krankheiten und die der Gewaltverbrechen ist praktisch auf Null zurück gegangen. Allerdings ist die Welt auch ein merkwürdiger Ort geworden. Alles basiert nur noch auf der Technik der Surrogates und die Städte und alle anderen Orte, die sonst voll von menschlichem Leben waren, sind nun von lebensechten Puppen bevölkert. Surrogates können quasi grenzenlos erweitert werden. Es gibt Salons, in denen man ihr Aussehen komplett verändern kann. Ist jemand nicht mit seinem Gesicht zufrieden, bekommt er ein neues, wenn er genug Geld hat. Auch die Kriegsführung hat sich sehr verändert. Wenn einem Surrogate etwas passiert, sei es, dass er erschossen oder sonst wie zerstört wird, droht dem Menschen, der den Roboter steuert nämlich absolut keine Gefahr. Eines Tages wird allerdings der Sohn des Erfinders der Surrogates ermordet und zwar während er seinen Surrogate steuert. Jemand kommt an, zerstört die Puppe und brät damit gleichzeitig das Gehirn des Operators, um mal in den Slang der Zukunft zu rutschen. Der FBI-Agent Tom wird mit der Aufklärung des Falles beauftragt, denn abgesehen davon, dass das Opfer einen überaus einflussreichen Vater hat, ist das erste mal seit vielen Jahren ein Mord geschehen. Dazu kommt, dass die Verkaufszahlen für Surrogates sofort stagnieren würden, wenn heraus käme, dass man in einem Surrogate sterben kann. Ein sehr heikler Fall und Tom nimmt die Ermittlungen auf. Die ersten Nachforschungen führen allesamt in ein roboterfreies Reservat, welches von einer mysteriösen Sekte um einen noch mysteriöseren Propheten eingerichtet wurde.

„Surrogates“ ist das perfekte Beispiel für eine Sammlung an zahlreichen sehr guten Ideen, die es aber schon vorher gegeben hat. Das Fernsteuern eines künstlichen Körpers vom bettartigen Gestell aus erinnert sehr an „Matrix“ und das Robotermotiv wurde auch schon in Spielbergs „Künstliche Intelligenz“ eindrucksvoll dargestellt. Das Prinzip des Avatars und das des Sim-Körpers kennt man aus „Otherland“. Eines haben all diese Zukunftsszenarien gemeinsam – und da macht auch „Surrogates“ keine Ausnahme: In Der Zukunft macht sich die Menschheit immer von irgendeiner revolutionären Technik abhängig, um eine, oberflächlich gesehen, perfekte Welt zu schaffen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, die daraus erwachsen. Dieser beinahe schamlose Ideenklau stört aber nicht unbedingt, da aus der Kombination der bekannten Elemente ein neues und durchaus interessantes Szenario entsteht. Auch die Kontraste zwischen echter und künstlicher Welt sind sehr gelungen. Wir sehen Bruce Willis einmal als durch trainierten Sunnyboy mit prächtiger Seitenscheitelfrisur und einem makellosen Gesicht und auf der anderen Seite sehen wir, wie Bruce Willis tatsächlich aussieht. In erster Linie ist er alt und verbraucht. Wie eben ein Mensch, der auf die 60 zu geht, so aussieht. Das beweist sehr viel Mut seitens der Darsteller und das hätte ich Bruce Willis, ehrlich gesagt, nicht zugetraut. Leider nutzt der Film diese positiven Elemente, um eine oberflächliche und vorhersehbare Krimi-Story zu erzählen, die ebenso in der Vergangenheit, wie auch in der Gegenwart, oder in jedem anderen Jahrzehnt hätte spielen können. Die Story braucht also keine Roboter und dennoch sind sie da. Die wirklich spannenden Ansätze der Gesellschaftskritik haben keine Chance, ihrem Larvenstadium zu entschlüpfen und im Grunde ist der Film vorbei, bevor sich die Story wirklich entfalten kann. So ist es also ein unspektakulärer Film zu einem echt guten und packendem Trailer geworden.

„Surrogates“ macht nichts wirklich richtig, als hätte man sich nicht festlegen können, was es denn nun für ein Film werden soll. Es ist kein richtiger Krimi und auch kein richtiger Actionfilm. Auf diese Art ist der Film eigentlich mehr Nichts, als irgendwas anderes. Schade.

Surrogates (USA 2009): R.: Jonathan Mostow; D.: Bruce Willis, James Cromwell, Ving Rhames, u.a.; M.: Richard Marvin; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 15. Januar 2010

Wo die wilden Kerle wohnen

Manchmal kommt es einem so vor, als ob der Erfolg eines Buches daran gemessen wird, wie bald und aufwendig es verfilmt wird. So kann es passieren, dass ein völlig unbegabter Dan Brown plötzlich in einem Atemzug mit bekannten und großartigen Gegenwartsautoren genannt wird, weil in der Verfilmung seiner Verschwörungs-Theorie-Reihe Tom Hanks die Hauptrolle übernimmt. Dass vorher kein Hahn nach Sakrileg geschrien hat, interessiert nun keinen mehr. Manchmal gibt es auch Bücher, die aus verschiedenen Gründen als unverfilmbar gelten. "Der Herr Der Ringe" wohl wegen seines unglaublichen Umfangs, der Komplexen Story und wegen des technischen und finanziellen Aufwandes, der zur Realisierung dieses Projektes nötig war. Doch ein kleiner, unbekannter neuseeländischer Regisseur lehrte uns eines Besseren. Das Kinderbuch "Wo die wilden Kerle wohnen" von Maurice Sendak bietet da andere Schwierigkeiten. Erstens gibt es einen eindeutigen visuellen Stil vor und ist außerdem gerade mal 40 Seiten dick. Regisseur Spike Jonze hat sich das Buch nun geschnappt und liefert uns eine gelungene, liebevolle Verfilmung des Kinderbuchklassikers.

Max ist ein richtig wilder Kerl. Er verkleidet sich gerne als Wolf und terrorisiert den Hausköter ebenso, wie die große Schwester und die Mutter. Max tut das allerdings nicht, weil er böse ist, oder gar verhaltensgestört. Er hat eben einfach eine sehr blühende Fantasie, was aber immer wieder dazu führt, dass er sich missverstanden fühlt. Eines Abends kommt es zum großen Krach mit seiner Mutter und Max rennt weg. Er rennt so lange durch die Dunkelheit, bis er an einen Strand kommt. Zwischen ihm und der stürmischen See liegt ein kleines Segelboot bereit. Max zögert nicht lange und segelt los. Nach einer sehr unangenehmen Nacht auf dem Meer landet Max auf einer Insel, die offensichtlich von großen monströsen Kreaturen bewohnt ist. Das sind wilde Kerle, wie sie im Buche stehen. Sie sind groß, toben durch den Wald, dass es nur so kracht und scheppert und sie fressen erstmal alles auf, bevor sie irgendwelche Fragen stellen. Doch auch Max ist ein wilder Kerl und beeindruckt die großen Monster mit einem überwältigenden Auftritt. Sie machen ihn kurzerhand zu ihrem König und beginnen mit dem Bau einer beeindruckenden Festung. Besonders ein Inselbewohner hat es Max angetan und er freundet sich sofort mit Carol an, der unter den Monstern auch eine Art Außenseiter-Dasein fristet, denn auch er ist ein richtig wilder Kerl mit viel Fantasie. Zusammen erkunden Max und Carol die Insel, keilen sich mit den anderen im Wald und führen die Monsterpopulation auf eine neue Art und Weise zusammen. Doch, so schön und frei das Leben auf der Insel ist, hat Max das Gefühl, wieder nach Hause zu wollen. Das führt zu ungeahnten Schwierigkeiten mit Carol.

Gleich vorneweg: "Wo die wilden Kerle wohnen" ist ein sehr schöner und kleiner Film für Kinder geworden. Die Vorlage wurde gekonnt genutzt, um die Geschichte des Bilderbuches sinnvoll zu erweitern. Hier haben Regisseur Spike Jonze und Drehbuchautor Dave Eggers etwas sehr ungewöhnliches getan. Bevor die Dreharbeiten begannen, wurde das Original zu einem Roman adaptiert und der wurde dann als Grundlage für das Drehbuch benutzt. So wurde die Geschichte nicht, wie von Skeptikern befürchtet oberflächlich auf zwei Stunden Länge ausgewalzt, der Film lässt sich stattdessen sehr viel Zeit bei der Entwicklung der Figuren und gibt den Monstern richtige Charaktere und eine kleine Lebensgeschichte. Auch technisch ist der Film mit sehr viel Aufwand und Detailliebe inszeniert. Die Monster, bei denen man genau weiß, wie sie auszusehen haben werden ausnahmsweise nicht mit dem Computer zum Leben erweckt, sondern mit sehr schönen Kostümen und es wird mit Hilfe von cleveren Schnitten und Kameraperspektiven auch das korrekte Größenverhältnis eingefangen. Eine besondere Erwähnung verdient auch noch die Kulisse im Film. Die von den Monstern und Max erbaute Festung ist sehr beeindruckend und erinnert an die Werke des Naturkünstlers Andy Goldsworthy.

"Wo die wilden Kerle wohnen" ist eine gelungene Adaption des Kinderbuchklassikers geworden. Er wird sowohl denjenigen gefallen, die Fans der Vorlage sind, als auch denen zusagen, die bisher noch nie etwas davon gehört haben. Vor allem aber erzählt er eine Geschichte über Freundschaft, über das Kindsein und das Erwachsenwerden.

Where The Wild Things Are (USA 2009): R.: Spike Jonze; D.: Max Records, Catherine Keener, James Gandolfini, u.a.; M.: Carter Burwell; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Freitag, 8. Januar 2010

Das Kabinett des Doktor Parnassus

Ja, spannend hat es aufgehört. Das Kinojahr 2009 war so, wie man sich so ein Kinojahr wünscht. Es gab die großen Blockbuster, auf die man sich schon Jahre gefreut hat. Es gab wieder diese kleinen Filme, die ganz klammheimlich einfach an den Bundesstart gehen und dann nach zwei Wochen genau so heimlich wieder verschwinden und trotzdem kriegt man sie nicht mehr aus dem Kopf, wenn man sie gesehen hat. Es gab Überraschungen, Enttäuschungen und es gab Star Trek. Perfekt also. Und spannend beginnt das neue Kinojahr. Mit einem Film, der schon ein Jahr überfällig ist und eigentlich schon als gecancelt galt. Die Produktion erlitt nämlich einen herben Schlag, als der Hauptdarsteller überraschend verstarb, und gerade mal die Hälfte abgedreht war. Jetzt ist der Film trotzdem fertig, startet aber im Glanze schwerster Konkurrenz. „Disney's Weihnachtsgeschcihte“ und „Avatar“ vergällten den angestrebten Start zur Weihnachtszeit, und noch bevor dieser Film auslaufen wird, wird sich Tim Burtons „Alice im Wunderland“ anschicken, die Kinokassen zu stürmen. Dennoch hat der Film eine ganz besondere Stellung, denn es ist ein ungewöhnliches Märchen in einem unkonventionellen Stil erzählt: Terry Gilliams neuester Film „Das Kabinett des Doktor Parnassus“

In einer modernen Welt, in der die meisten Menschen einen Großteil ihrer Zeit vor dem Computer, mit dem Handy oder in der Kneipe verbringen, tingelt ein illustrer Schausteller durch London. Mit einem nahezu antiken Pferdewagen und einer, vor Altersschwäche ächzenden, Bühne versucht Doktor Parnassus zusammen mit seiner lieblichen Tochter Valentine und seinen beiden Gehilfen Percy und Anton, die modernen, durch das Leben eilenden Menschen zu verzaubern. Der Doktor hat nämlich die spezielle Fähigkeit, die Gedanken der Gäste zu lesen und zu kontrollieren. Er führt sie stets in ihre Gedankenwelt, in der sie immer wieder vor der Wahl stehen, die spirituelle Läuterung zu erfahren, oder ein lasterhaftes Leben in Sünde zu führen. Die Show dient allerdings nicht nur der Unterhaltung und Verzauberung des Publikums. Eigentlicher Hintergrund ist ein Pakt, den Parnassus mit dem Teufel – hier in Gestalt des bösen Mr. Nick – getroffen hat. Doch das Geschäft läuft nicht gut. Es fließt kein Geld in die Kasse und Mr. Nick sitzt dem Doktor im Nacken, denn der will Valentine haben, sollte er es nicht schaffen, die erforderliche Menge an Seelen zu sammeln. Da taucht plötzlich und unverhofft der unbekannte Tony auf. Er scheint ein echtes Naturtalent zu sein, und die Kasse klingelt. Noch während alle glauben, dass das Blatt sich zu wenden scheint, wird Tony von seiner Vergangenheit eingeholt und den Details über sich, die er lieber verschwiegen hat.

Terry Gilliam ist ein guter Regisseur. Hat er sich zu Beginn seiner Karriere mit Monty Python ausgetobt, wurden seine Filme immer anspruchsvoller und komplexer. Er schaffte es immer, mit ganz einfachen Mitteln, fantastische Welten zu schaffen, die immer ein bisschen verrückt waren und immer an die schmutzigere Version der Wirklichkeit erinnert haben. Er zeigt immer alte Dinge und man erkennt ihren früheren Glanz daran, dass er nun nicht mehr zu sehen ist. Alles ist schmutzig und angegammelt. Die Farbe blättert ab. So verhält es sich auch mit seinen Figuren. Sie waren früher große, schillernde Wesen, die nun ebenso verbraucht aussehen, wie es ihr Leben auch ist. Dieses Motiv zieht sich durch alle Gilliam-Filme und taucht natürlich auch im „Kabinett des Doktor Parnassus“ auf. Auf herrlich altmodische Weise kreiert Gilliam wunderschöne Bilder, die sich mit ihrer Visualität und Wirkung nicht hinter CGI-Bombasten verstecken müssen. Es ist nicht so, dass ich alles Neue und Digitale im Film verteufele, aber es beruhigt mich ungemein, wenn ein Terry Gilliam zeigt, dass es selbst heutzutage auch noch ohne Computertricks funktioniert. Die Produktionsgeschichte von „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ selbst bietet genug Stoff für ein Drehbuch. Hauptdarsteller Heath Ledger starb, bevor der Film auch nur in Ansätzen fertig gestellt war. Gilliam hatte bereits aufgegeben und der Film sollte gar nicht mehr kommen. Durch Einspringen dreier sehr bekannter Freunde Ledgers, die obendrein auf ihre Gage verzichteten, wurde der Film gerettet und letztendlich doch noch fertig gestellt.

Und es ist ein schöner Film geworden, der eine schöne, etwas schräge Geschichte erzählt und schöne Bilder für Auge und Kopf bietet. Damit gesellt er sich nahtlos zu vielen bisherigen Gilliam-Filmen, denn alles, was man an „Time Bandits“, „König der Fischer“ oder „Brothers Grimm“ toll fand, wird man auch hier finden.

The Imaginarium of Doctor Parnassus (USA 2009): R.: Terry Gilliam; D.: Heath Ledger, Christopher Plummer, Lily Cole, Tom Waits, u.a.; M.: Jeff & Mychael Danna; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus; CineStar

Rezensionen On Air: Immer Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar