Donnerstag, 9. Dezember 2010

Ich sehe den Mann deiner Träume

Same Procedure as every Year, Woody!
Verdammt! Jetzt habe ich den letzten Satz am Anfang geschrieben und damit im Grunde alles vorweg genommen, worum es auf den nächsten 5 Seiten gehen sollte.
Woody Allen hat entsprechend aller Erwartungen auch in diesem Jahr einen neuen Film gemacht. Mit einer absoluten Traumbesetzung schildert er mal wieder die vewirrenden Komplikationen zwischen Pärchen jeden Alters.
In diesem Jahr nennt er es "Ich sehe den Mann deiner Träume"

Natürlich gibt es wieder massenhaft Figuren, die irgendwie in irgendeiner Beziehung zueinander stehen. Ich versuche mal, dass Ganze auseinander zu klamüsern:
Alfie ist so ungefähr 70 Jahre alt und hat gerade seine Frau nach jahrelanger Ehe verlassen. Er will nochmal von vorne anfangen, hat sich ein schmuckes Appartement gekauft, isst nur noch Gemüse und joggt. Seine Ex-Frau Helena ist dem nervlichen Ende nahe und besucht die Wahrsagerin Cristal. Die erzählt ihr lauter tolle positive Sachen über Helenas Familie. Ihre Tochter Sally ist mit dem gescheiterten Schriftsteller Roy verheiratet. Roy hat einen halbwegs erfolgreichen Roman geschrieben und dümpelt seitdem herum, ist desillusioniert und bringt vor allem kein Geld nach Hause. Sally muss also nebenbei arbeiten, um die Rechnungen halbwegs bezahlen zu können. Sie fängt in einer neuen Galerie als Asistentin an und verliebt sich prompt in ihren Boss Greg. Roy zuliebe geht sie diesen Neigungen allerdings nicht nach, vor allem, nachdem sie erfährt, dass Greg mit ihrer besten Freundin Kelly eine Affäre hat.
Roy hat sich mittlerweile allerdings in die hübsche Nachbarin Dia verliebt, die aber eigentlich verlobt ist und demnächst heiraten will. Während sich also dieses Drama anbahnt, verkündet Alfie, dass er eine neue Frau kennen gelernt hat, und sie zu heiraten beabsichtigt. Charmaine ist halb so alt, wie Alfie und kommt aus einer Branche, die einem gesetzten Mann in seinem Alter eigentlich eher unangemessen ist.
Auch dieses Drama nimmt seinen Lauf und kann eigentlich nicht gut enden.

Ach je, ach je...Was soll ich bloß sagen. Angesichts dieser eineinhalb Stunden voller Langeweile und Belanglosikeiten fehlen mir schlicht die Worte. Es ist eine überflüssige Geschichte ohne jede Botschaft und Essenz. Diesmal können auch diese ganzen tollen Schauspieler, wie Anthony Hopkins, Antonio Banderas, Josh Brolin, Naomi Watts und vielen anderen, darüber nicht hinweg täuschen. Im Grunde ein völlig bedutungsloser Film, wäre da nicht dieser alte Mann mit der Brille.
Woody Allen ist ein absolutes Original, der in seiner Kariere nicht weniger als 40 Filme gemacht hat. Im Laufe der Jahre sind seine Filme zum Kult avanciert und es gilt als die größte Ehre, als Schauspieler mitspielen zu dürfen.
Woody Allen hat sich eine riesige Menge von Fans und Bewunderern um sich gescharrt, die übrigens grade mit Heugabeln und Fackeln unterwegs sind, um mich direkt zu lynchen.
Und das ist im Grunde der Punkt. Woody Allen - Eintweder man liebt ihn, oder man hasst ihn. Entweder man sieht in ihm einen guten Regisseur im klassischen Sinne, der herrlich verstrickte und charmante Dialoge und Geschichten mit Charakteren, aus dem Leben gegriffen schreibt, oder man sieht einen alten Sack, auf einem riesen Haufen Geld thronend und schallend lachend nur einer Frage nach geht: "Wie oft kann ich den selben Film noch verkaufen?"

"Ich sehe den Mann deiner Träume" ist meiner Meinung nach der alljährliche Aufguss eines altmodischen und längst ausgeschöpften Filmkonzepts. Für sehr viele Menschen gibt es bei Woody Allen allerdings keine Diskussion und nichts läge mir ferner, als ihnen den Spaß an Allens neuestem Werk zu nehmen. Also hin und anschauen.

You Will Meet A Tall Dark Stranger (USA, GB, 2010): R.: Woody Allen; D.: Anthony Hopkins, Naomi Watts, Josh Brolin, Freida Pinto, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Freitag, 3. Dezember 2010

Banksy - Exit Through The Giftshop


Mein Nachbar weiß viel über mich. Er weiß, wie ich heiße und wenn er nicht blind ist, weiß er sogar, wie ich aussehe und wo ich wohne. Wenn er ein bisschen googelt findet er heraus, dass ich gerne beim Radio rum hänge und ich mich sehr für Filme interessiere. Er könnte auch herausfinden, wer meine Freunde sind, was für Musik ich höre, dass ich kein Vegetarier bin, wann ich Geburtstag habe, dass ich ohne Kaffee unausstehlich sein kann. Das alles sind Dinge, die man ohne Probleme über mich erfahren kann, weil ich diese Informationen selbst in Umlauf setze. Der gläserne Mensch ist nur so gläsern, wie er das selbst will. Wäre ich ein Street-Art-Künstler, der Nacht für Nacht weltweit unterwegs ist, um Wände zu bemalen, würdest Du es wissen?

Kunst ist alt. Kunst ist in Statuen, altehrwürdigen Gemälden und in Musik. Kunst haftet irgendwie immer etwas staubiges an und etwas, das an die Vergangenheit denken lässt. Wir blicken heute zurück und können sagen: „Ja, das war die Klassik und hier...Die Renaissance. Wie schön!“ Wenn man in hundert Jahren zurück blickt, wird man auch irgendeinen spannenden Begriff finden, der die Kunst im Jetzt anders bezeichnet, als Sachbeschädigung oder Vandalismus. Wie auch immer er lauten wird, Street-Art wird sicher eine große Rolle spielen. Das Spannende daran ist nicht nur die Kunst an sich, sondern die das Abenteuer und der Reiz des Illegalen, der da hinter steckt. Wer sind die ominösen Künstler, die unglaublich viele und große Kunstwerke mitten an öffentlichen Straßen und Plätzen verwirklichen. Thierry Guetta ist einer der vielen Menschen, die das gerne wissen wollen. Also macht er sich auf, um einen Film über Street-Art zu drehen. In einer dumm-dreisten aber irgendwie liebenswerten Manier knüpft er Kontakte zu den bekanntesten Künstlern, bis er eines Tages feststellt, dass ihm einer fehlt. Er beschließt, einen Film über Banksy zu machen, interessiert sich immer mehr für die Kunst an sich, beschließt dann, selbst Street-Artist zu werden, eine eigene Ausstellung zu machen, weswegen er keine Zeit mehr für den Film hat. Da Banksy ein netter Kerl ist, übernimmt er den Filmjob und macht stattdessen einen Film über Thierry, der sich nun Mr Brainwash nennt.

Worum geht’s denn nun eigentlich? Banksy ist eine Person, über die man nur weiß, was er will, dass man es weiß. Man kennt seinen richtigen Namen nicht. Man weiß nicht, wie er aussieht, wo er wohnt und was er gerne isst. Das ist auch notwendig, denn seine Kunst gilt allgemein als Vandalismus und Sachbeschädigung, weshalb er mächtig Ärger bekommen würde, würde man ihn erwischen. Banksy ist außerdem selbst eine Kunstfigur. Diese Figur gehört zu seinem Konzept dazu und diese Kunst lebt von dem unbekannten Faktor. Seine Werke werden als echte Kunstgegenstände gehandelt und erzielen bei Auktionen stets Höchstpreise. Hier ist oft auch die Besitzfrage ungeklärt, denn schließlich befinden sich seine Kunstwerke an fremden Häuserwänden. Der Besitzer könnte es entfernen lassen. Oftmals übersteigt der Wert eines Banksy allerdings den Wert der Wand, oder des Hauses selbst.

„Exit Through The Giftshop“ ist ebenfalls ein Kunstwerk. Durchsetzt mit viel Ironie und wenig fundierten oder echten Informationen. Man darf nicht denken, man erfährt tatsächlich mehr über diese ominöse Person. Man erfährt nur etwas über Thierry, der wahrscheinlich auch nicht echt ist. Was man allerdings erfahren kann, ist, wie Street-Art an sich funktioniert. Das Gefühl, welches dahinter steht, wird wahrscheinlich sehr gut vermittelt und steigert die Faszination am Thema. Außerdem lässt sich herrlich über all die pikierten und spießigen Kunstkenner lachen, die sich ein Stück Wand in ihre private Galerie stellen, nur weil darauf eine Cartoon-Ratte mit Tomaten jongliert.

Exit Through The Giftshop (GB, 2010): R.: Banksy; D.: Banksy, Thierry Guetta, Jay Leno, u.a.; M.: Roni Size, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.