Freitag, 27. August 2010

A-Team - Der Film

Wer kennt ihn nicht? Den Zigarren kauenden Grauhaarigen, der immer einen Plan hat und so guckt, als hätte er ein ernsthaftes Problem mit Botox – allerdings nicht im Gesicht. Wer kennt nicht seine verrückten Kumpane, die so illustre Namen haben, wie Face, oder Murdock, als entsprängen sie irgendeiner trashigen Actionserie aus den 80er Jahren. Wer kennt nicht das A-Team?

Tja. Ich zum Beispiel. In Unkenntnis der Kontinuität der Serie, oder sonstiger Handlungsstränge und Geschichten, schildere ich nun ganz dilettantisch die Story des Films. Irgendwo in Mexico sitzt Hannibal auf einen Stuhl gefesselt und wird böse gefoltert. Durch stoisches Grinsen bringt er die Folterer dazu, ihn nicht einfach zu erschießen, sondern zu verschwinden und Zähne fletschende Hunde auf ihn los zu lassen. Doch die Gangster haben nicht mit dem Tierfreund Hannibal gerechnet. Irgendwie befreit er sich und flieht. In der Wüste trifft er auf B.A. in seinem schwarzen Van. Spontan verstehen sie sich total dufte und brettern los, um Face zu befreien, der von den gleichen mexikanischen Folterknechten gefangen wurde. Wie es der Zufall will fährt man anschließend in ein Krankenhaus. Hier schnappen sie sich den verrückten Murdock und einen ollen Hubschrauber und los geht’s gen Heimat. Unterwegs noch schnell die üblen Burschen abgeschossen und: Tadaa! Das A-Team ist vereint. Bestehend aus ehemaligen Elite-Soldaten bilden sie nun die ultimative Undercovertruppe des Militärs. Sie sind sozusagen das As im Ärmel des Präsidenten. Sie sind die letzte Verteidigungslinie zwischen dem Abschaum der Welt und Menschen, wie Dir und mir. Sie sind, verflucht nochmal, die Besten der Besten. Sie sind ergebene Diener Amerikas. Sie sind...und so weiter... Eines Tages flattert ein besonders heikler Auftrag ins Haus. Irgendwie sind irakische Terroristen in Besitz irgendwelcher Druckplatten gekommen, mit denen hübsche neue Dollarnoten gedruckt werden können. Klarer Fall, dass Hannibal und sein Team diesen Auftrag annehmen. In locker leichter Manier werden die Druckplatten auf dezent gekonnte Weise geklaut. Doch sie wurden rein gelegt. Irgendwer schnappt sich das wertvolle Gut und tötet auch noch den besten Freund Hannibals. Nun steht das A-Team vor Gericht und soll ins Gefängnis. Doch sie haben nicht mit dem Pilatesmeister Hannibal gerechnet...

Was soll ich sagen? Ich habe die Serie nie wirklich gesehen. Weder damals noch heute. Ich weiß noch, dass in der Grundschule immer heimlich über das A-Team geredet wurde, denn eigentlich sollten die lieben Kleinen das nicht gucken. Meine Eltern waren offensichtlich die einzigen, bei denen das auch durchgesetzt wurde, denn ich hatte keine Ahnung, warum immer jeder Hannibal sein wollte, und sich beim spielen immer einen kleinen Stock zwischen die Zähne klemmen wollte. Der Film nun bietet - für mich zumindest - beinahe keinerlei Zugang. Er fängt einfach an und die bekannten Figuren werden ohne große Einführungen in die Handlung katapultiert. Trotz meiner Unkenntnis habe ich alle Hauptcharaktere erkannt und sogar die meisten Witzchen verstanden; glaube ich. Das ist auch nicht der Punkt. Die ganze Dramaturgie des Filmes ist viel zu hektisch geraten. Bevor man überhaupt weiß was los ist, kommt schon wieder der nächste Auftrag. Der Film macht keine Pausen und es wird atemlos durch knapp zwei Stunden Laufzeit gehetzt. Der Spaß blieb zumindest bei mir auf der Strecke. Bombastische Action, die auf markige Actionsprüche trifft, war vielleicht in den 80er Jahren cool, kann mich aber im modernen Kino nicht sonderlich unterhalten. Doch das muss man den Film zu Gute halten, denn genau das sollte er auch erreichen. Das Gefühl und das Flair der alten Trashfilme in einem zeitgemäßen Gewand. Dazu die üblichen Plattitüden ala Turban tragende, wild gestikulierende Terroristen, die vergeblich den Rückwärtsgang in ihrem russischen Panzer suchen, die vielleicht nicht politisch korrekt sind, aber eben irgendwie dazu gehören. Über Liam Neeson, der ein Schauspieler ist, den ich bis jetzt immer verteidigt habe, auch wenn er die blödesten Rollen gespielt hat, möchte ich an dieser Stelle nichts sagen. Aber verflucht: Schlimmer kann es fast nicht mehr werden.

„A-Team“ ist , glaube ich genau das geworden, was sich viele Fans erhofft haben. Laut, schnell und mit Nachtelfirokesen. Alles wie früher, nur ordentlich aufgepeppt. Wem diese Serie noch nie zugesagt hat, wird auch durch diesen Film nicht geläutert werden. Allen anderen ist es erlaubt, ihren Spaß zu haben. Es ist eben ein Film, den man in keiner Weise überbewerten sollte, deswegen behalte ich den Puls heute unten und denke an Blümchen und Schmetterlinge, die mich die zwei Stunden meines Lebens, die mir dieser Film gestohlen hat vielleicht vergessen lassen.

The A-Team (USA, 2010): R.: Joe Cannahan; D.: Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, u.a.; M.: Alan Silverstri; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 20. August 2010

Toy Story 3

Es nimmt kein Ende. Wieder eine Fortsetzung eines bekannten und etablierten Trickfilms. Wieder putzige Plakate, die auf Running-Gags der Vorgänger anspielen. Wieder irgendwelche B-Prommis als Synchronsprecher. Und – Oh mein Gott! - schon wieder 3D! Wird es auch wieder eine völlig unsinnige Umkrempelung eines funktionierenden Konzepts, nur um mit der Konkurrenz gleichziehen zu können? Mal sehen. Wir gucken uns „Toy Story 3“ an.

Fassen wir die ersten beiden Teil kurz zusammen: Cowboy Woody ist das Lieblingsspielzeug von Andy. Zusammen erleben sie die tollsten Spielzeugabenteuer und Woody ist sozusagen Chef im Kinderzimmer. Hier ist alles streng organisiert, damit auch kein Spielzeug ungerecht behandelt wird. Woody ist sowohl bei den Spielzeugen, als auch bei den menschlichen Bewohnern des Hauses beliebt. Eines Tages hat Andy Geburtstag und bekommt tatsächlich eine Buzz Lighyear Actionfigur geschenkt. Der Space Ranger ist natürlich viel cooler als Woody und durch Eifersucht geblendet ersinnt der Cowboy einen fiesen Plan, um sich selbst wieder auf den Thron zu befördern. Im zweiten Teil wird Woody versehentlich auf dem Flohmarkt an einen manischen Spielzeugsammler verkauft. Er ist nämlich mal weltberühmt gewesen und macht nun Bekanntschaft mit dem Pferd Bully und der kessen Lady Jesse. Zusammen mit dem stinkenden Pete sind sie eine komplette Sammlung und sollen an ein Museum verkauft werden. Buzz und die übrigen Spielzeuge machen sich nun auf den Weg, Woody wieder nach Hause zu holen.
In Teil 3 stehen die Spielzeuge um Woody und Buzz vor einem knackigen Problem. Andy ist nämlich kein kleiner Junge mehr, sondern schon groß geworden. Er sitzt lieber am Computer, als mit den alten Spielsachen zu spielen. Außerdem soll er demnächst aufs College gehen und dazu gehört, dass er sein altes Zimmer ausmistet. Die meisten Spielzeuge sollen auf den Speicher und ein paar sollen einer Kita gespendet werden. Woody soll als einziges Spielzeug mit ins College. Durch Zufälle und Versehen landen letztlich alle Spielzeuge in der Kita. Hier hat der Knuddelbär Lotso das Sagen und alles sieht paradiesisch aus. Doch bald stellt sich heraus, dass die Kita doch kein Paradies und Lotso auch nicht ganz so knuddelig zu sein scheint.

Toy Story ist ein echter Klassiker. 1995 löste er regelrechte Begeisterungsstürme aus . Noch nie waren derart detaillierte Computeranimationen zu sehen und gleichzeitig wurde eine schöne Geschichte mit lebendigen Charakteren erzählt. Der zweite Teil musste dann schon gegen harte Kunkurrenz im CGI-Business anstinken. Es drohte, zu kippen, denn die neuen Figuren waren oberflächlich geraten und es gab zu viele Szenen und Elemente, auf die man gerne verzichtet hätte. Ein Sakrileg stand zu befürchten, nämlich, dass ein überdurchschnittlich guter Film durch übereilte Fortsetzungen versaut werden würde. Bestes und jüngstes Beispiel für so eine Situation liefert zweifelsfrei „Shrek 4“. Höchste Skepsis also bei „Toy Story 3“
Und da ist er nun. Natürlich ist alles ein bisschen größer geworden, und auch wenn das Spielzeugsetting einen schlichten und klaren Stil vorgibt, wurden die Animationen stark verbessert. Die pompöse Eröffnungsszene zeigt auf clevere Art und Weise, was die Pixar-Leute drauf haben, ohne den urpsünglichen Stil zu sehr zu verändern. Das gleiche gilt auch für die Charaktere. Die neuen Figuren sind sehr cool und trotz ihrer verhältnismäßg kurzen Auftritte sind sie überzeugend und gestalten sinnvoll die neue Geschichte. Der Film ist voller Wendungen und frecher Zitate auf Filmklassiker, so dass auch die älteren Zuschauer hin und wieder schmunzeln können. Überhaupt scheint der Film vor allem für diejenigen gemacht worden zu sein, die damals beim ersten Teil noch Kinder waren und nun, ebenso, wie Andy erwachsen geworden sind. Nach dem spannenden Finale des Abenteuers gibt es übrigens eine derart intensive und rührende Abschlussszene, bei der man schwer schlucken muss. Zuschauer, die nah am Wasser gebaut sind aufgepasst. So etwas hätte ich wegen all der Skepsis hier wirklich nicht erwartet.
Ein Wort zu den Synchronsprechern muss ich am Ende doch noch loswerden. Woody wurde in den beiden Vorgängerteilen von Peer Augustinski gesprochen und so unverständlich der Schritt war, ihn nun von Bully Herbig synchronisieren zu lassen, so unspektakulär ist es auch. Bei all der Aufregung um die Neubesetzung muss ich sagen, dass man den Unterschied kaum merkt und Bully ist nicht zu erkennen. Viel Lärm um nichts.

Toy Story 3 ist entgegen aller Befürchtungen meinerseits sehr schön geworden. Nichts scheint zu viel oder zu wenig geraten zu sein und Pixar hat sich wirklich Gedanken gemacht, wie man die Geschichte nicht nur sinnvoll fortsetzen kann, sondern sie auch noch zu einem befriedigenden Ende bringen kann. Also, alles gut. Gott sei Dank.

Toy Story 3 (USA 2010): R.: Lee Unkrich; OVA: Tom Hanks, Tim Allen, Joan Cussack, u.a.; M.: Randy Newman; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 11. August 2010

Das Konzert

Der französische Film war für mich immer ein bisschen, wie ein dickes Buch, von dem alle sagen, es wäre ganz toll und ich müsse es unbedingt lesen. Und immer wenn ich anfange, zu lesen, finde ich keinen richtigen Zugang. Es gibt zwar tolle und spannende Passagen, aber insgesamt quäle ich mich nur durch und lege es irgendwann frustriert weg. Nun gab es in den letzten Jahren immer mal wieder Filme aus Frankreich, die einer großen Anzahl Zuschauern sehr gut gefallen hat. Zu nennen wäre hier ganz klar „Die fabelhafte Welt der Amelie“ und jüngst „Willkommen bei den Sch'tis“. Tolle, lustige und bunte Filme. Seitdem hat sich das Bild des französischen Films für uns gewandelt. Der Begriff ist regelrecht zu einem Label geworden und garantiert stets großen Zuspruch. Kein Wunder also, dass auf dem Plakat zu Radu Mihaileanus neuen Film „Das Konzert“ der Satz prangt: „Der Sommerhit aus Frankreich“

Andrei Filipov ist Hausmeister am berühmten Moskauer Bolschoitheater. Dem Putzen kann er nicht besonders viel abgewinnen, denn er war früher ein berühmter Dirigent. In den 80er Jahren gab es keinen besseren, als „Maestro“ Filipov, der das Bolschoiorchester dirigierte. Weil er sich aber weigerte, jüdische Musiker aus dem Ensemble zu werfen, wurde er umgehend von der kommunistischen Partei degradiert und das Orchester aufgelöst. Beim Aufräumen des Chefbüros fängt er ein Fax aus Paris ab. Das Chatelet will, dass Bolschoi zu einem Gastkonzert auftritt. Andrei wittert die Chance, seinen Traum zu erfüllen und mit der Vergangenheit endgültig abzuschließen. Er trommelt alle ehemaligen Musiker des Orchesters zusammen, anstelle des echten Bolschois nach Paris zu fahren und überredet sogar den Parteifunktionär, der ihn damals während der Aufführung von Tschaikowskis Violinenkonzert von der Bühne holte, ihm zu helfen. Nach einigen skurrilen Zwischenfällen kommt man in Paris an und hier wartet bereits die bekannteste Nachwuchsgeigerin Frankreichs, Anne-Marie Jacquet, mit der Andrei noch eine persönliche Angelegenheit zu klären zu haben scheint.

„Das Konzert“, der große Sommerhit aus Frankreich, begeistert hierzulande tausende von Zuschauern und Kritikern. Noch vor dem Bundesstart am 29. Juli schwelgte die Presse in Begeisterung und der Film wurde von allen Seiten mit üppigen Vorschusslorbeeren bedacht. Ich tue mich nun allerdings ein wenig schwer damit, diese Begeisterung ohne Vorbehalte zu teilen. Die Story entbehrt nicht einer gewissen Dramatik, hält aber auch die Waage zu komischen, geradezu skurrilen Passagen. Der Spannungsbogen ist ebenfalls ausgewogen und man wird ohne unnötige Umwege zum fulminanten Finale geführt. Auf dem Weg dorthin hat man allerdings immer wieder den Eindruck, dass die Figuren zu oberflächlich geraten sind, und der fehlende Tiefgang der Story mit geschickt eingebauten Rückblenden in körnigem Schwarzweiß kaschiert wird. So merkt man relativ schnell, dass die eigentliche Story nur als Aufhänger genutzt wird, um eine, in Filmen, so gut, wie noch nie aufgetretene Szene zu zelebrieren: Das Konzert.
Bemerkenswert ist hier, dass man im Film tatsächlich das komplette Violinenkonzert hört. Die Wirkung der wunderbaren Musik wird voll ausgenutzt. Durch sehr sorgfältig ausgesuchte Perspektiven und Schnitte ist diese letzte Szene so intensiv, dass man den Kloß im Hals und feuchte Augen kaum unterdrücken kann. Man geht also entsprechend aufgewühlt aus dem Kino und ist natürlich total begeistert. Und von dieser letzten Szene lebt der Film und untermauert die durchweg positiven Bewertungen.

„Das Konzert“ ist ein schöner Film, zweifelsohne. Die eigentliche Story ist für meinen Geschmack allerdings zu oberflächlich ausgearbeitet und wirkt manchmal eher wie ein Alibi, das einer einzigartigen Szene ihre Daseinsberechtigung geben soll. Trotzdem hat es der Film verdient, eine Empfehlung ausgesprochen zu bekommen, nicht zuletzt wegen der tollen Musik.

Le Concert (F, RU 2009): R.: Radu Mihaileanu; D.: Aleksei Guskov, Dmitri Nazarov, Mélanie Laurent, u.a.; M.: Armand Amar; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus, CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 6. August 2010

Bilderrausch

Tja, wo sind sie hin, die schönen Bilder? Sie sind entfernt worden von mir, da Kineast nun zu weiteren Ufern aufbrechen will und demnächst via paperblog aboniert werden kann. Durch die ungeklärte Lage der Bilderrechte, habe ich die Plakate erstmal entfernt, bis das alles geklärt ist. Bis dahin kommt Ihr bestimmt auch ohne sie einigermaßen aus.

Vielleicht kann man sich ja auch ein völlig neues Konzept zur Visualisierung überlegen. Ich denk mir was aus.

-J-

Donnerstag, 5. August 2010

Inception

Träumen Sie? Sind Sie sicher, dass das, was Sie in diesem Moment wahrnehmen die Realität ist? Und was macht Sie so sicher, dass Sie nicht mehr träumen, wenn Sie aufgewacht sind? Stimmt es , dass unser Unterbewusstsein die aufgenommenen Einflüsse verarbeitet und sich dieser Prozess eben als Traum manifestiert? Wie kommt es dann, dass man von Menschen träumt, die man noch nie in seinem Leben gesehen hat? Sind wir allein in unseren Träumen? Kommt die Idee und die Story zu Chirstopher Nolans neuen Film „Inception“ vielleicht auch aus einem Traum?

Wer ist Cobb? Womit verdient er sein Geld? Warum reist er ununterbrochen von einem Ort zum nächsten, kreuz und quer über den gesamten Globus? Ist er ein Geheimagent? Ist er ein Spion? Was für einen Auftrag hat ihm der Großindustrielle Sato erteilt? Warum darf er seine beiden Kinder nicht besuchen und was ist mit seiner Frau geschehen? Wieso wirbt er die junge Studentin Ariadne an? Wozu brauchen sie und ein ganzes Team, obskurer Gestalten all diese Gerätschaften? Ein Chemiker, ein Waffenexperte, eine Architektin? Was hat das alles mit dem Erbe eines großen Konzerns, Robert Fisher zu tun? Ist es Zufall, dass all diese Menschen in das gleiche Flugzeug steigen? Ist vielleicht wesentlich mehr auf diesem 10-Stunden-Flug geschehen, als wir es uns in unseren Träumen auch nur entfernt vorstellen können? Sehen Sie auch genau zu?

Christopher Nolan liebt Fragen, die er nur beantwortet, um gleich wieder zehn neue Fragen in den Raum zu stellen. Das soll einen aber nur ablenken und man stellt am Ende des Films fest, dass die ursprüngliche Frage immer noch unbeantwortet ist. Dadurch bilden sich immer überaus komplexe Storys, bei denen man immer angst hat, man verliert den Faden. „Gleich weiß ich nicht mehr, worum es überhaupt geht. Jetzt muss ich ganz doll aufpassen“ Natürlich kommt dieser Punkt nie, denn Nolan hat die Geschichte bis ins kleinste Detail perfekt durchdacht. In seinen bisherigen Filmen hat er mit diesen dramaturgischen Kniffen gespielt und experimentiert. „Memento“ wirkt wegen des Konzepts des rückwärts Erzählens sehr roh und das Ende zu gezwungen. In „Batman Begins“ kommt diese Struktur nur sehr oberflächlich zum Tragen, bricht aber dafür um so mehr in „Dark Knight“ hervor. In „Inception“ nun hat Nolan alles auf ein unglaublich nahezu perfektes Level getrieben. Es ist schwer zu glauben, wie sich ein Mensch all das ausdenken kann, was sich in der fantastischen Story, den starken Charakteren und wunderschönen, beinahe beängstigenden Bildern manifestiert. Über allem steht die Frage nach der eigenen Wahrnehmung der Realität. Und diese Frage bleibt natürlich unbeantwortet, so dass man einigermaßen verwirrt aus dem Kinosaal gehen wird. Dinge, wie schauspielerische Leistung der Darsteller, technische Umsetzung oder Filmmusik, werden völlig banal, angesichts dieser Inszenierung. Sie ergeben ein großes Ganzes, welches man einfach nicht auseinander nehmen kann. Vielleicht gibt es Dinge, die man bemängeln könnte, sie fallen einem aber schlicht und einfach nicht auf.

Viele Menschen neigen gerne und schnell dazu, mit Superlativen um sich zu werfen, wenn es um großes Kino geht. Ich weiß nicht, ob es der großartigste Film aller Zeiten ist und ob die Mehrheit der Zuschauer wirklich noch nichts vergleichbares gesehen hat. Auf jeden Fall ist es Erzählkunst auf ganz großem Niveau mit einer neuen und nahezu perfekten Performance. Auf jeden Fall ist es ein Film, den man gesehen haben muss und mich zumindest hat er in meine Träume verfolgt.

Inception (USA 2010): R.: Christopher Nolan; D.: Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Ellen Page, u.a.; M.: Hans Zimmer; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar, lichthaus (demnächst)

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.