Donnerstag, 27. Mai 2010

The Crazies

Der moderne Mensch führt ein geregeltes Leben. Egal, wo auf der Welt sie leben, gehen sie stets einem immer gleichen Tageswerk nach. Ihr gesamtes Streben dient der Einrichtung eines stabilen Alltages, so dass sie sich um nichts mehr sorgen müssen, außer, dass dieser Alltag durch irgendwelche unvorhersehbaren und unkontrollierbaren Ereignisse zerstört wird. Diese Angst nutzte bereits 1973 George A. Romero, um einen urigen und trashigen Horrorfilm zu produzieren, den man kaum ernst nehmen konnte. Im Zuge des derzeitigen Remake-Wahns wurde dieser Film nun neu inszeniert und heißt immer noch "The Crazies"

Was für ein wundervoller Tag im kleinen beschaulichen Städtchen Ogden Marsh. Dumpf-dümmliches, aber überaus befriedigendes Alltagsleben erlebt den wöchentlichen Höhepunkt - Die Schulmannschaft spielt Baseball. Sheriff David Dutton ist auch dabei, denn er will sich das Spiel ansehen und soll natürlich für die Sicherheit sorgen. Im Gegensatz zu sonst, wird das diesmal auch bitter nötig, denn ein stadtbekannter Trinker kommt mit einer geladenen Flinte aufs Spielfeld marschiert und droht, um sich zu schießen. David sieht keine andere Möglichkeit, außer den Mann auszuschalten. Es bleibt nicht bei diesem einen Fall. Viele andere Menschen in Ogden Marsh fangen an, sich merkwürdig zu benehmen und in extremen Fällen werden sie sogar sehr aggressiv. Bill zum Beispiel sperrt Frau und Kind in einem Schrank ein und fackelt anschließend das Haus ab. Ein harter Tag also für den Sheriff und bald entdeckt er die Ursache für die seltsamen Vorkommnisse. Doch da ist es schon zu spät. Nicht nur, dass der gesamte Ort verrückt spielt, es reitet das Militär ein und beginnt gnadenlos mit einer Evakuierungs- und Säuberungsaktion.

"The Crazies" war für 1973 zu hart. Im Gegensatz zum Zombie-Urgestein "Night Of The Living Dead" baute George A. Romero hier keine übernatürliche Ursache ein, sondern legte dem ganzen eine Regierungsweite Verschwörungstheorie zu Grunde und würzte alles mit unverholener und unmissverständlicher Gesellschaftskritik. Investoren und Studios machten Rückzieher, sodass das Ergebnis ein Zugeständnis und ein billig produzierter Trashmovie wurde, der kaum noch ernst genommen werden konnte und obendrein nicht mal unterhaltsam war. Regisseur Breck Eisner hat nun also das Remake produziert und er macht alles richtig, was damals falsch gemacht wurde und noch mehr. Es gibt kein langwieriges Vorspiel, sondern der Film geht gleich zur Sache und ist unglaublich spannend. Der harte Kontrast zwischen Sonnenscheinmentalität und geradezu beiläufiger Gewalt funktioniert ab der ersten Minute und man kann bis zum furiosen Finale des Films nicht still sitzen. Über Sinn und Unsinn der Geschichte macht man sich gar keine Gedanken. Obwohl der Film keinerlei neue Elemente etabliert, nutzt er bekannte Stilmittel in absoluter Perfektion. Etwas, was selbst Romero in den letzten Jahre verlernt zu haben scheint. „Land Of The Dead“ war beispielsweise ein unmotivierter Versuch, einen Klassiker wieder zu beleben und den grünen Nachwuchsregisseuren zu zeigen, wie man es richtig macht. Und besonders jetzt, wenn „The Crazies“ zeitgleich mit Romeros neuestem Streich „Survival Of The Dead“ in den Kinos läuft, merkt man, dass der frühere Altmeister eigentlich nur noch alt ist. Ob man sich beim Zombiehorror nun derartig tiefgreifende Gedanken machen muss, bleibt jedem selbst überlassen, aber das Genre ist letztendlich deshalb da, wo es jetzt steht, weil sich niemand ernsthaft Gedanken darüber gemacht hat, ob man es gut hinkriegen kann. „The Crazies“ spielt hier freilich auch keine Messias-Rolle, geht aber einen Schritt in die richtige Richtung Trotz des trashigen Settings und der explizieten Gewaltdarstellung hat der Film eine beklemmende Message, die in den 70er Jahren gut gepasst hat, in heutigen Zeiten aber noch realistischer wirkt.

"The Crazies" ist schnell, hart und unglaublich spannend. Breck Eisner ist ein Film gelungen, der sogar besser und überzeugender ist, als das Original. Er bringt etwas frischen Wind ins Horror-Genre und macht den Versuch, Zombies erneut salonfähig zu machen. Ob man das toll finden muss, weiß man übrigens selbst als eingefleischter Fan nicht so richtig.

The Crazies (USA 2010): R.: Breck Eisner; D.: Timothy Olyphant, Radha Mitchell, Joe Anderson, u,a,; M.: Mark Isham; Offizielle Homepage

In Weimar: Zum heutigen Bundesstart, läuft „The Crazies“ in keinem Weimarer Kino Gebt dem Film ne Chance. Schon allein deshalb, weil er es tatsächlich wagt, zum gleichen Termin zu starten, wie „Sex & The City 2“

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 26. Mai 2010

Der Fantastische Mr Fox

Ein Regisseur, von dem man keine Überraschungen gewohnt ist, macht etwas total unerwartetes. Er nimmt eine Geschichte von Roald Dahl als Vorlage und produziert dann auch noch einen Puppentrickfilm. An Dahls Werken haben sich vor ihm viele andere Regisseure versucht und sind teils kläglich gescheitert und Puppentrickfilme sind nach einem kurzen, aber heftigen – und völlig ungerechtfertigten – Hype auch schon wieder total out. Wes Anderson ist es allerdings gelungen trotz dieser beiden schwerwiegenden Hindernisse, einen guten Film zu produzieren. Wagen wir den Blick auf „Der Fantastische Mr Fox“

Fuchs ist irgendwie unzufrieden mit seinem Leben. Früher war ein angesehener Hühnerdieb und kümmerte sich eben um nichts andres, als um Fuchsangelegenheiten. Doch dann nimmt das Leben seinen Lauf. Seine Fuchsgattin wird schwanger und es wird Zeit, einen gemütlichen Fuchsbau zu suchen und einen ebenso gemütlichen Job bei der örtlichen Gazette an zu nehmen. Und das war's dann. Der Kleine geht zur Schule, der Vater schreibt Kolumnen, um die Miete zu bezahlen und die Mutter hütet das Haus. Doch Fuchs fühlt sich arm, weil er unter der Erde leben muss. So sucht er sich eine neue Behausung und zieht mit seiner Familie in einen schönen, günstig gelegenen Baum. Dieser Baum steht in Sichtweite der drei größten Farmen im Tal. Die gehören den großkapitalistischen Bauern Boggis, Bunce und Bean, die jeweils für drei großartige Produkte bekannt sind. Hühner, Truthähne und Apfelwein. Der Meisterdieb im Fuchs kommt wieder hervor und zusammen mit Opossum heckt er einen Masterplan aus, um die drei Bauern um ihre beliebten Waren zu erleichtern. Die finden das natürlich gar nicht komisch und reagieren entsprechend erbost und mit voller Härte.

Wer nun denkt, Wes Anderson probiert sich auf einem völlig neuen Gebiet aus, irrt sich. Bisher ging es bei Anderson immer um die Familie. Manchmal war es eine Familie voller Chaoten, die aufgrund ihres Chaotendaseins in skurrile Situationen und Abenteuer verstrickt wurden. Andere Familien hatten mit ganz alltäglichen Problemen zu kämpfen. Aber stets ging es um den Konflikt zwischen Alt und Jung und dem Lösen schier unlösbarer Familienbagatellen. Auch in „Der fantastische Mr Fox“ taucht dieses Motiv wieder verstärkt auf, nur dass es diesmal eben von Tieren getragen wird. Interessant ist hier auch der Umstand, dass es diesmal die Tiere sind, die in den Lebensraum der Menschen einfallen und nicht umgekehrt, wie sonst immer in derartigen Metaphern. Besonders hervor zu heben ist die Technik, mit der dieser Film produziert wurde. Im Gegensatz zu Genrekollegen, wie „Coreline“ oder „Corpsebride“ verzichtete Anderson tatsächlich auf jegliche Computertechniken und der gesamte Film wurde in traditioneller Stop-Motion-Technik aufgenommen. Wenn man die liebevoll animierten Puppen sieht und die enorm detaillierte Kulisse, kann man den großen Aufwand erahnen, der nötig war, dieses Projekt zu realisieren. Der Charme des Films wird noch durch ein absolutes Traumcast erhöht. George Clooney und Meryl Streep leihen dem Ehepaar Fuchs ihre Stimmen, Willem Dafoe, Bill Murray, Jason Schwartman und Owen Wilson bilden das übliche Anderson-Ensemble.

„Der Fantastische Mr Fox“ erzählt die Anderson-typische Familiengeschichte, ist durchsetzt mit urigen Dahl-Elementen und wurde zudem noch mit einer immer seltener auftretenden Hingabe inszeniert. Es ist ein Film für die ganze Familie, aber auch Fans von „Tiefseetaucher“ und „Royal Tennenbaums“ werden trotz aufkommender Skepsis, ob der zu niedlich geratenen Tierpuppen voll und ganz auf ihre Kosten kommen.

The Fantastic Mr Fox (USA / UK 2009): R.: Wes Anderson; OVA: George Clooney, Meryl Streep, Willem Dafoe, Bill Murray, u.a.; M.: Alexandre Desplat; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr, live auf Radio Lotte Weimar.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Iron Man 2

Eine der zuverlässigsten Regeln Hollywoods hat wieder zu geschlagen. Die Frage: „Warum muss es denn unbedingt einen zweiten Teil geben?“ wurde einmal mehr beantwortet mit: „Weil es einen ersten Teil gab und der war super erfolgreich.“ Der erste Teil trumpfte auf mit einer sehr frischen Interpretation eines der zahlreichen Superheldencomics aus der Feder Stan Lees. Es gab einen sehr coolen Hauptdarsteller, noch coolere Nebendarsteller und trotz der absurden und übertriebenen Story gelang tatsächlich ein ernst zu nehmender Bezug auf aktuelle Geschehnisse. Nun kommt also der zweite Teil, der alles genau so machen will, wie sein Vorgänger und doch ganz anders wird. Hier kommt die Fortsetzung der teuersten Rocksongverfilmung aller Zeiten.

Wir werden an der Stelle in den Film katapultiert, an der Teil 1 endete. Tony Stark verkündet der Öffentlichkeit spontan, er sei Iron Man. Nun stürzen sich alle auf ihn: Bewunderer (meist Frauen), Journalisten (auch meist Frauen) und Waffenlobbyisten (meist Männer). Die Regierung fordert die Herausgabe des Eisenanzugs, damit die ihre Armeen ausrüsten kann. Tony denkt nicht daran, seine Technologie weiter zu geben, zumal keine Gefahr droht und die Bemühungen anderer Länder und Waffenentwickler, ihren eigenen Anzug zu kreieren, sind nicht von großem Erfolg gekrönt. Allerdings hat Tony noch ein anderes Problem. Durch die ständige Benutzung des Anzugs und dessen Antriebsaggregat, welches nebenbei auch noch dafür sorgt, dass sein Herz von Granatsplittern aus dem ersten Teil freigehalten wird, sorgen für eine schleichende Vergiftung, die über kurz oder lang den Tod bedeutet. Zu allem Überfluss taucht dann auch noch der Russe Viktor auf, der seinen eigenen, beängstigend effektiven Anzug gebaut hat.

Regisseur Jon Favreau hatte es geschafft, frischen Wind ins etwas überlaufene Superheldengenre zu pusten. Klar, es war nicht so innovativ, wie „Dark Knight“ und auch nicht so bombastisch, wie „Spider-Man“ und kam auch nicht an das Cast eines „X-Men“ heran, machte aber irgendwie alles richtig. Das, was am meisten gefiel, war die lockere, etwas schnodderige Art, mit der Tony Stark mit seiner Verantwortung, zunächst als Waffenhersteller und dann als Superheld umging. Das hat die absurde Story davor bewahrt, sich selbst zu ernst zu nehmen und man hat als Zuschauer stets in Erinnerung gehabt, dass es sich um eine Comicverfilmung handelte. Diese Erfolgsrezept wird nun im zweiten Teil auf die, für Fortsetzungen übliche Art und Weise, übernommen und an allen Stellen aufgepumpt. Also: Mehr Action mit besseren Effekten, noch coolere Sprüche, noch verrücktere Bösewichte, noch mehr Handlungsstränge, und eine sexy, aber irgendwie strohblöde Scarlett Johannson, die sich einfach nicht entscheiden kann, ob sie denn nun Schauspielerin, oder Supermodel sein will. In diesem Film überzeugt sie weder als das eine, noch als andere. Was bleibt sonst großartig zu sagen? Es ist eben ein Film, bei dem es ganz auf die eigene Erwartungshaltung ankommt, ob er einen gefällt, oder nicht.

„Iron Man 2“ lässt nichts anbrennen und packt alles aus dem Vorgänger in einen größeren und knalligen Topf, um alles schön durch zu rütteln. Eine Vorgehensweise, die für den zweiten Teil durchaus legitim ist, und für den unvermeidlichen dritten Teil ganz sicher auch eingesetzt wird und deshalb wieder dafür sorgen wird, dass man den ersten Teil von allen am besten fand. Heimlicher Höhepunkt diesmal ist übrigens das Waffenverkaufsgespräch mit Sam Rockwell, ein Schauspieler, der souverän, wie kaum ein anderer, seine Nebenrollen mit sehr viel Liebe und Professionalität mit Leben zu füllen weiß.

Iron Man 2 (USA, 2010): R.: Jon Favreau; D.: Robert Downey Jr, Mickey Rourke, Gwyneth Paltrow, u.a.; M.: John Debney, Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr, live auf Radio Lotte Weimar.