Freitag, 18. Dezember 2009

Zombieland

Letzte Woche habe ich schon über die schöne Weihnachtszeit gesprochen. Weihnachten rückt näher, die Verwandten rücken auch näher und die Zeit der Besinnlichkeit und Nächstenliebe steht vor der Tür. Eine etwas unorthodoxe, aber hochinteressante Lektion in Sachen Nächstenliebe kann man derzeit im Kino lernen, wenn man sich den neuen Film von Ruben Fleischer ansieht. Der Film hat einen Titel, bei dem sich das Herz des eingefleischten Genrefans zu einem saftigen Steak weitet: "Zombieland"

Die Welt ist mal wieder völlig hinüber, denn die meisten Menschen haben sich wegen eines höchst aggressiven Virus in fleischfressende Untote verwandelt - Liebevoll "Zombies" genannt. Es gibt nur wenige Überlebende, wie zum Beispiel Columbus. Er schlägt sich so durch und will irgendwo hin, wo es keine Zombies gibt. Unterwegs trifft er auf Tellahassee. Der ist das genaue Gegenteil von Columbus. Ein knallharter Typ mit einem Arsch voll Waffen und einer etwas unheimlichen Vorliebe für Twinkies. Trotz offensichtlicher Differenzen verstehen sich die beiden aber doch ganz gut und machen sich gemeinsam auf den Weg zur zombiefreien Zone, wo auch immer die sein möge. Unterwegs vertreiben sich die beiden die Zeit mit der Suche nach dem Sinn des Lebens, dem Zombiekill der Woche und natürlich mit der Suche nach Twinkies. Sie treffen außerdem auf zwei hübsche Schwestern, die sie allerdings ständig austricksen und ihnen regelmäßig Autos und Waffen abnehmen. Da es nach der Zombieapokalypse ein bisschen an objektiv denkenden Mitmenschen mangelt, raufen sich schließlich alle vier zusammen und begeben sich auf einen Roadtripp ins sonnige - vermeintlich zombiefreie und twinkiereiche - Kalifornien.

Ja, es gibt schon merkwürdige Filme. Und es gibt auch Filme, die eigentlich nur Menschen mit einer ganz besonderen Veranlagung gefallen. Zombiefilme gehören auf jeden Fall dazu. "Zombieland" hat zwar alle Elemente eines klassischen Zombieszenarios, ist aber witzig. Ähnlich wie in "Shaun Of The Dead" wird das ganze Genre auf die Schippe genommen, allerdings nicht, ohne sich gleichzeitig tief davor zu verbeugen. Das ist das seltsame an diesen Filmen, aber ohne ordentliche Kopfschüsse, zerfetzte Kehlen und eklig verunstaltete Untote, die mit absoluter Verlässlichkeit und Konsequenz die Welt ins Chaos stürzen, können diese Filme nicht funktionieren. Lässt man sich darauf ein, dann geht „Zombieland“ sehr kulant mit dem unbedarften Zuschauer um. An echten Schockszenen wurde großzügig gespart, der Gewaltgrad ist verhältnismäßig niedrig und der Anteil an coolen Sprüchen und Slapstickeinlagen stark erhöht. Es ist sozusagen der Zombiefilm für die ganze Familie. Woody Harrelson ist ein Schauspieler, der sich für keine Rolle zu fein ist. Immer ein bisschen durchgeknallt mit einer Vorliebe für bescheuerte Kostüme, ist er in diesem Film genau richtig. Außerdem gibt es einen kurzen Auftritt eines überaus prominenten Zombies, den man hier nun wirklich nicht erwartet hätte. Technisch entspricht "Zombieland" voll und ganz den Genrekollegen der letzten Zeit. Aufwendige Aufnahmen leergefegter Straßen und brennender Wahrzeichen und Postkartenmotive und rundum gelungene Actioneinlagen.

"Zombieland" ist kein großer Überflieger, aber er macht Spaß und mischt die unisono gesungenen Weihnachtsgefühle ordentlich auf. Leider sind die weimarer Kinos allesamt Pussies und trauen sich nicht, diesen Film zur Weihnachtszeit zu zeigen. In Erfurt soll es aber doch das ein oder andere Kino geben, welches ein wenig Verständnis für Zombies aufbringt. Die sind nämlich auch nur zutiefst missverstandene Kreaturen, die sich nach Liebe und einer kleinen Umarmung sehnen.

Zombieland (USA 2009): R.: Ruben Fleischer; D.: Woody Harrelson, Jesse Eisenberg, Emma Stone, u.a.; M.: David Sardy; Ofiizielle Homepage

In Weimar: Pussies, Pussies, Pussies

Rezensionen On Air: In diesem Jahr gar nicht mehr. Ab 07.01.2010 wieder auf Radio Lotte Weimar.

Frohes Fest und bis nächstes Jahr
-J-

Freitag, 11. Dezember 2009

Whatever Works

„Alle Jahre wieder...“ Eine Phrase, die man vor allem zur Weihnachtszeit ständig hört. Man hört sie so oft, dass man sich ihrer Bedeutung nicht mehr sicher ist. Was soll das eigentlich heißen? Ist es ein Ausdruck von Vorfreude, oder eher von Resignation? Okay. Weihnachten kommt nun wirklich alle Jahre wieder. Der Winter kommt alle Jahre wieder. Ebenso, wie erhöhte Benzinpreise und die Energiekostenabrechnung. Das sind Dinge, über die man keine Kontrolle hat, weshalb sie ja auch immer wieder kommen. Worauf will ich eigentlich hinaus? Ach ja! Alle Jahre wieder gibt es einen neuen Film von Woody Allen. In diesem Jahr heißt er...Moment...Ich muss mal schnell nach sehen. Ach ja! „Whatever works“

Das mit der Heizkostenabrechnung ist aber auch immer gemein. Was soll man denn machen? Wenn es kalt ist, muss man heizen. Dazu hat man doch das blöde Ding zu Hause. Aber egal, wie viel man im Vorjahr bezahlt hat, es kommt immer irgendwie die böse Überraschung.
Oh! Aber eigentlich sollte ich ja über den neuen Film von Woody Allen schreiben. Der hat nun mit Heizrechnungen gar nichts zu tun. Obwohl er es rein charismatechnisch durchaus mit einem Heizkörper aufnehmen könnte. Es geht jedenfalls um Boris. Ja Boris. So, wie Boris Karloff in „Frankenstein“. Ihr wisst schon. Der verrückte Professor, der einen künstlichen Menschen erschaffen will, aus Leichenteilen und technischen Geräten. Dazu braucht er ganz viel Strom. Frankensteins Rechnung wäre bestimmt auch nicht ohne gewesen, wenn er nicht die Kraft eines Blitzes benutzt hätte.
Apropos Blitz. Im neuen Woody-Allen-Film geht es gewissermaßen auch um Blitze. Blitze der Lethargie. So ein bisschen wie bei „Garden State“. Die Szene, in der Zach Braff im Flugzeug sitzt. Einfach genial. Und wie sich seine Figur im Laufe des Films wandelt. Wie er vom lethargischen und desillusionierten Großstädter regelrecht aufblüht und das nur durch die Kraft der Liebe. Eine wunderschöne Geschichte.
Huch, aber ich schweife ab. Es sollte ja um „Whatever Works“ gehen. Hihi! Aber das mit dem Abschweifen erinnert mich an Dustin Hofman und Robert de Niro in „Wag The Dog“. Die Beiden scheinen ständig aneinander vorbei zu reden und wechseln so oft und unerwartet das Thema, dass man brüllen könnte vor Lachen.
Oh, ach ja. Also Boris in „Whatever Works“ brüllt auch immer mal rum. Wenn er Kindern Schach beibringen soll, zum Beispiel. Das erinnert mich an Jack Nicholson in „Besser geht’s nicht“. Er spielt da so einen Kotzbrocken, bei dem man nie so richtig weiß, ob er ein typischer Antiheld ist und ob er sich irgendwann vom Saulus zum Paulus wandelt. Aber Jack Nicholson ist ein Schauspieler, den man so einen krassen Wandel auf jeden Fall abnimmt. Leider spielt er nicht im neuen Woody-Allen-Film mit. Da gibt es ja nicht mal richtige Action, wie bei „2012“. Da gibt es eine Szene, in der John Cusack in einer schwarzen Limousine durch L.A. fährt und um ihn herum stürzt alles zusammen. Und dann fährt er durch einen - gerade umstürzenden – Wolkenkratzer hindurch. Unglaublich! Irre! Wow! Da war ich hin und weg. Einfach Klasse!
Was? Ach ja...“Whatever Works“...Woody Allen ist ja schon ein richtig alter Knacker. Alte Schule und so. So ein bisschen, wie Clint Eastwood. Nur, dass Clint immer besser wird und stets neue Elemente in seine Filme einfließen lässt. So, wie in „Gran Torino“ Was für ein Film! Was für eine Story und der Abgang. Schlicht genial. So müssen Filme sein, die im Gedächtnis bleiben.
Apropos Gedächtnis. „Whatever Works“ erinnert mich an eine Tasse, guten, alten, englischen Tees. So, wie ihn Judi Dench in „Tagebuch eines Skandals“ immer trinkt, wenn sie ihrem Tagebuch alle möglichen Intrigen anvertraut. Ich finde es schön, Judi Dench in guten Filmen zu sehen. Immer, wenn ich denke „Oh mein Gott! Jetzt spielt sie auch noch in James Bond mit. Hat sie nichts besseres zu spielen?“, hat sie plötzlich eine ganz andere Rolle in einem ganz anderen Film. Und jedes Mal beweist sie mit Leichtigkeit, dass sie noch immer eine unglaublich gute Schauspielerin ist. Einfach nur cool.

Ach ja...“Whatever Works“ ist ein typischer Allen-Film. Wer seine Filme schon immer mochte, wird auch diesen mögen. Wer sich noch nie mit seinem Stil anfreunden konnte, braucht nicht zu hoffen, dass der neueste Teil der Alan-Serie etwas daran ändern wird. Same proceedure as every year, Woody.

Whatever Works (USA 2009): R.: Woody Allen; D.: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

Freitag, 4. Dezember 2009

Gesetz der Rache

Es ist schon nicht einfach im Leben. Man hat Probleme mit dem Job, dem Auto, dem Finanzamt, oder damit, dass zwei Irre in dein Haus eindringen, deine Frau und dein Kind erschlagen und mit Bewährungsstrafen davon kommen. Und wem soll man da wieder die Schuld geben? Richtig! Dem System, das alles umfasst und für unser aller Elend verantwortlich ist. Aber ist das System nun etwas greifbares, etwas real existierendes, oder gar nur ein Konstrukt auf einer anderen Ebene des kollektiven Bewusstseins? Ist es eine höhere Macht, die uns mit dem System strafen will? Was, zum Teufel, ist dieses System überhaupt? Fragen, die viele Menschen beantworten können, es aber nicht tun, wie zum Beispiel Regisseur F. Gary Gray in seinem neuen Film „Das Gesetz der Rache“

Clyde ist Familienvater und führt das typische amerikanische Familienleben. Frau, Kind, Haus und Hund. Dieser Traum aus den Lifestylemagazinen wird jäh zerstört, als zwei Gauner zunächst freundlich an der Tür klopfen und dann Frau und Kind ermorden, während Clyde hilflos zusehen muss. Klarer Fall, könnte man nun denken. Die beiden Mörder werden gefasst und vor Gericht gezerrt. Es besteht kein Zweifel, dass sie für schuldig befunden werden. Doch da schlägt das System zu. Der Staatsanwalt Nick erhält das Angebot, einen Deal ab zu wickeln. Ein Gangster verrät den anderen. Einer wird hingerichtet, der andere kommt für drei Jahre in den Knast. Das System, oder eine höhere Macht vielleicht zwingen Nick dazu, auf den Deal ein zu gehen. Gesagt, getan: Daumen hoch für Anwalt, Richter und Mörder; Flunsch auf dem Gesicht des betroffenen Vaters. Der hat das System voll und ganz durchschaut und will nun mittels sadistischer und gnadenloser Selbstjustiz zeigen, wie furchtbar und schlecht das System ist.

Es lässt sich kaum verbergen, dass sich die Begeisterung für dieses Machwerk arg in Grenzen hält. Die Story ist vorhersehbar und steht vor allem auf sehr wackligen Füßen, soll sie dem Zuschauer doch die Schlechtigkeit des Systems aufzeigen – was immer man nun darunter versteht – und predigen, dass man alles besser machen kann, wenn man nur will. Der Held des Films straft seinen Reden Lügen, indem er selbst zum Mörder wird. Der Gipfel der Sinnlosigkeit der gesamten Message kündigt sich zum Finale an. Durch das Ende wird nämlich vor allem eins gezeigt: Das System funktioniert offensichtlich doch. Hinzu kommt die Inszenierung der verschiedenen Mordanschläge, bei der sich sehr viel Mühe gegeben wurde, sie möglichst detailliert darzustellen. Hier geilen sich Regisseur und Hauptdarsteller regelmäßig auf, so dass der verkrüppelte Zeigefinger, der immer pro forma gewedelt wird, völlig untergeht. Kurz gesagt: Story oberflächlich zusammen geschustert, um mittelmäßige Actionszenen und Gewaltakte unterzubringen. Manchmal soll wohl der Eindruck tiefsinniger Ansätze vermittelt werden, weshalb die Hauptcharaktere stets in unglaublich klischeehafte Dialoge verstrickt werden. Um die Suppe zu vervollständigen, merkt man Gerard Buttler keinerlei schauspielerische Ambitionen an. Ein und der selbe Gesichtsausdruck und so viel Charisma wie die Statue der Justizia, die regelmäßig zu sehen ist. Im Gegensatz zu Justizia ist bei ihm aber von Anfang an klar, auf welche Seite die Waage geht, was der ganzen Angelegenheit natürlich recht viel Spannung nimmt.

Ich könnte hier noch seitenweise weiter wettern, belasse es an dieser Stelle und empfehele, den Film nicht zu sehen. Wer es dennoch tut, wird auch keinen Schaden davon tragen, es bleibt nämlich sowieso nichts hängen und man hat den Film eigentlich sofort wieder vergessen.

Law Abiding Citizen (USA 2009): R.: F. Gary Gray; D.: Gerard Butler, Jamie Foxx, Leslie Bibb, u.a.; M.: Brian Tyler; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

Rezensionen On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar