Freitag, 22. Mai 2009

Zwangspause

Wie so oft fällt der obligatorische Kino-Donnerstag auch in diesem Jahr wieder auf ein bedeutsames Datum. Für viele Männer der wichtigste Termin neben dem Start der Fußballbundesliga. Selbstverständlich liegt ja die eigentliche Bedeutung dieses Tages in viel weiterer und vor allem historisch-christlicher Ferne, wie man dieser Tage des öfteren betont hört. Warum zum Geier ist der Männertag dann immer Donnerstags? Damit sich die ganzen Klingelstock und Bierkarren tragenden Suffköppe nur einen Tag frei nehmen müssen und somit ein fantastisches langes Wochenende zelebrieren können.
Sei es wie es sei: Es ist Feiertag und deshalb auch kein reguläres Programm bei Radio Lotte, weshalb auch die Rezension in dieser Woche flach fällt. Das passt mir ganz gut, denn gerade in dieser Woche ist die Zahl, vorstellungswürdiger Filme enorm klein. Mit anderen Worten, ich weiß nicht, was ich mir hätte ansehen sollen. Ein Phänomen, dass man erst bemerkt, wenn man regelmäßig ins Kino geht: Irgendwann hat man alles Sehenswerte gesehen. Werfen wir deshalb einen kleinen Blick zurück auf das bisherige Kinojahr 2009. Ein Kinojahr, welches in erster Linie durch Enttäuschungen geprägt gewesen ist. Fortsetzungen von ohnehin schon blöden Filmen, die kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor locken konnten, großartig angekündigte Filme, die außer viel heiße Luft nichts zu bieten hatten. Zwischendurch immer wieder die Bestätigung, dass es die alten Hollywoodsäcke es einfach immer noch am besten können. Aber anstatt mich nochmal über die Filme aufzuregen und zu äußern, die ich schon vorgestellt habe, widme ich mich hier lieber einigen Perlen, die hier noch keine Erwähnung gefunden haben.

Angenehm überrascht war ich von „Freitag der 13.“. Wieder ein Remake von Platin Dunes, der Produktionsfirma, die sich schon anderer Horror-Klassiker angenommen hat, um sie neu zu verfilmen. Zu nennen wären da die neuen Versionen von „Texas Chainsaw Massacre“ und „Halloween“. Die wurden im Vergleich zu ihren Originalen kaum verändert. Eben nur ein bisschen aufgepeppt, härter und schneller gemacht und das ganze mit zeitgemäßen Schockeffekten unterlegt. Dieses Konzept scheint aufzugehen, denn der neue „Freitag der 13.“ versetzt einen wieder ins Ur-Setting der Serie, lässt den ganzen Quatsch mit Hölle und Weltraum weg und liefert eine unterhaltsame klassische Slasher-Party. Nach dem gleichen Konzept will Platin Dunes übrigens auch die komplette (!) „Nightmare On Elmstreet“- Reihe bearbeiten.
Wo wir grade von Horrorfilmen sprechen: Da ist noch ein Film, über den man in den letzten Tagen einiges zu lesen bekam „Antichrist“ heißt der neue Film von Lars von Trier und in den Hauptrollen sind Charlotte Gainsbourg und Willem Dafoe zu sehen. Die Story ist hier völlig unwichtig, denn es läuft auf ungeschnittene Sex-Szenen und deftige Folter-Passagen am laufenden Band hinaus. Offenbar war von Trier depressiv und das schlägt sich in diesem Film eben nieder. Bei den Erlebnisberichten, die ich gelesen habe, frage ich mich zwei Sachen. Muss ich mir diesen Film ansehen? Und warum muss ein Regisseur, der immer gegen sämtliche Konventionen gekämpft hat und sich letztlich erfolgreich in der Filmwelt etabliert hat, jetzt auch auf der Ekel- und Gewaltwelle fahren, die durch die Kinos fegt. Höher! Schneller! Kopf ab! Nur weiter so. „Antichrist“ hat in Deutschland am 10. September Bundestart.
Zu empfehlen wäre dagegen der neue Film mit Julia Roberts und Clive Owen „Duplicity“. Hier dreht sich auf sehr verwirrende Weise alles um Industriespionage und natürlich um die Liebe. Sehr gewitzte Dialoge und eine sehr clever konstruierte Story machen das ganze zu einem kurzweiligen kleinen Film. Selbstverständlich darf man nicht all zu anspruchsvolle Unterhaltung erwarten, aber, wann hat schon mal jemand Paul Giamatti ohne Bart gesehen? Ab ins Kino und angucken.

Dann gibt es ein paar Filme, die für dieses Jahr angekündigt waren, auf die man aber vergeblich warten sollte. Geradezu unkommentiert kann man die Meldungen stehen lassen, dass Peter Jackson das Computerspiel „Halo“ verfilmen will. Abgesehen von dieser haarsträubenden Nachricht, gab es bisher keine Neuigkeiten. Schaut man dieser Tage bei IMDB vorbei, sieht man, dass das Veröffentlichungsjahr auf 2012 korrigiert wurde. Genau so erging es der Kinoversion von Warcraft. Die soll man ab 2011 im Kino genießen dürfen. Dass Computerspiele einfach nicht ins Kino gehören, hat bisher noch niemand so richtig begriffen.
„The Hobbit“ nimmt dagegen immer mehr realistische Formen an. Nun soll Guillermo del Torro Regie führen und Peter Jackson fungiert als Produzent. Die Dreharbeiten dazu beginnen nächstes Jahr. Zwei Jahre später soll er dann fertig sein. Verschiedene Gerüchte treiben dem Hobby Ork Schweißperlen auf die Stirn. Regisseur und Produzent könnten sich durchaus vorstellen, einen CGI-Film daraus zu machen und Ralph Möller behauptet, eine Rolle im Film zu spielen.
Das ist jedoch alles noch Zukunftsmusik, die wir einfach noch nicht hören können. In greifbarer Nähe sind dagegen andere Zukunftsszenarien. Anfang Juni startet der neueste Teil der Terminator Serie. Mit neuem Schauspieler-Ensemble und einem neuen Konzept, will man der Serie wieder die Ernsthaftigkeit und Beklemmung ein hauchen, die sie ursprünglich haben sollte. Im November kommt außerdem der neue Film von Roland Emmerich. „2012“ heißt er und wieder einmal geht die Welt unter. Die Story begründet sich auf Maya-Mythologie. Demnach endet der Maya-Kalender am 20.12.2012. Für dieses Datum ist eine weltweite und einschneidende Veränderung aller Lebensverhältnisse prophezeit. Der Film interpretiert das wie folgt, in dem er eine Reihe von Katastrophen inszeniert. Alles schon mal gehabt, aber selten so spektakulär. Eine Flutwelle, die den Himalaja überspült, gab es einfach noch nie.
Dazu das übliche Harry-Potter-Geplänkel, zahlreiche komische CGI-Kinderfilme und – man halte sich bitte fest – natürlich vergeht kein Jahr, ohne einen neuen Film der SAW-Reihe. Dieser Film wird noch ekliger werden, die Puzzle-Fallen noch genialer, Jigsaw wird wieder sterben und doch nicht tot sein. Das ganze trägt den kreativen Titel „SAW 6“ und startet am 10. Oktober.

Letzter Titel für heute soll sein „The Limits of Control“. Der neue Jim Jarmush Film startet nächste Woche und ich werde einen genaueren Blick riskieren. Die Ergebnisse gibt es dann, wie immer, hier nach zu lesen.

Sonntag, 17. Mai 2009

J.J. Abrahms - Star Trek

Interessieren Sie sich für Sprachen? „Ha'DIbaH DaSop 'e' DaHechbe'chugh yIHoHQo'“, heißt so viel, wie „Töte kein Tier, wenn du nicht vorhast, es zu essen“, vielleicht auch „Bringt mir den Kopf von Kirk“. Das kommt allerdings auf den Zusammenhang an. Der ein oder andere hat es vielleicht schon erraten: Es handelt sich hierbei um die äußerst komplexe klingonische Sprache, die vorwiegend bei der TrekCon in Pasadena und sonst überall auf der Welt gesprochen wird, sobald sich Mitglieder der Sternenflotte und anderer Fraktionen zum fröhlichen Fan-Einerlei treffen. Star Trek besitzt weltweit die größte Fangemeinde und hat an vorhandenen Nachschlagewerken mit Sternenkarten, Bauplänen und Übersichten sämtlicher Alienspezies sogar „Star Wars“ und „Herr Der Ringe“ übertroffen. Star Trek läuft mit 5 Serien seit 1966 ununterbrochen im Fernsehen und hat es nunmehr elf mal ins Kino geschafft und übt eine Faszination aus, die Außenstehende selten nachvollziehen können. Das soll der jüngste Spross der Serie nun ändern. Produzent und Regisseur J.J. Abrahms hat sich den Stoff geschnappt und ihn einer deftigen Frischzellenkur unterzogen. Das Ergebnis läuft jetzt im Kino und heißt „Star Trek – Die Zukunft hat begonnen“

Stille herrscht im so oft gepriesenem Weltraum. Die unendlichen Weiten sind vor allem weitgehend unangetastet und die Menschheit hat gerade erst begonnen, zu Galaxien vorzudringen, die noch kein Mensch zuvor gesehen hat. Das Erdenschiff „Kelvin“ patrouilliert vor sich hin und empfängt plötzlich seltsame magnetische Anomalien. Auf einmal öffnet sich ein Schlund, ein riesiges Raumschiff taucht auf und eröffnet das Feuer. Die Kelvin wird zerstört. Allerdings wird ein Großteil der Besatzung gerettet, was im wesentlich dem heldenhaften Einsatz von Commander George Kirk zu verdanken ist, der dabei sein Leben lässt. Vorher wurde noch sein Sohn geboren und in seinen letzten Minuten einigt sich George mit der Mutter auf den Namen „James Tiberius“. 25 Jahre später lebt sich der künftige Weltraumheld in Iowa als rebellischer Tunichtgut aus und denkt überhaupt nicht daran in die Fußstapfen seines berühmten Vaters zu treten. Eines Tages wird er von einem Sternenflottenoffizier angesprochen, der Kirk nahe legt, sich bei der Akademie einzuschreiben und schon in wenigen Jahren Kommandant eines Raumschiffs zu werden. James überlegt nicht lange und steigt am nächsten Morgen in die Raumfähre zur Akademie ein. Allerdings scheint er mehr an der hübschen Sprachexpertin Uhura interessiert zu sein. Im Shuttle trifft er auf einen hypochondrischen Arztlehrling mit Flugangst und die beiden Querulanten werden Freunde Zusammen mit seinem neuen besten Freund „Pille“ meistert er die Herausforderungen an der Akademie mehr schlecht als recht und wird schließlich dem Kommando von Captain Pike auf der nagelneuen Enterprise zugeteilt. Hier treffen sie auf den Vulkanier Spock, der ein absoluter Vorzeigestudent mit Bestnoten ist und sogleich zum stellvertretenden Captain ernannt wird. Nach zahlreichen kleinen Auseinandersetzungen wird die Lage ernst. Ein Notruf vom verbündeten Planeten Vulkan veranlasst die Flotte zu einer Rettungsaktion. Doch dort empfängt sie der finstere Romulaner Nero.

J.J. Abrahms hat Kreativität und vor allem Mut bewiesen. Genau, wie die klingonische Sprache, hat sich Star Trek nämlich zu einem überaus komplizierten Konstrukt entwickelt. Zahlreiche Geschichten sind zu einer großen Historie verschmolzen, die in jedem Punkt logisch und nachvollziehbar ist. Jedes Ereignis, dass in einem der Filme statt findet, muss in irgendeiner Weise zum großen Ganzen passen. Logisch ist hierbei auch, dass der Kreativität entsprechend enge Grenzen gesteckt sind. Eine neue Star Trek Episode zu erzählen hat sich bisher immer nur ein Team aus alt eingesessenen Star Trek Veteranen getraut. Namentlich Rick Berman, Jonathan Frakes, Levar Burton, Brent Spiner oder auch Patrick Stewart. Von diesen alten Hasen fehlt im neuen Film jede Spur und wir haben eine Menge frisches Blut. J.J. Abrahms nimmt die Star Trek Elemente, die schon immer Spaß gemacht haben, lässt die langweiligen, bierernsten Komponente weg und würzt das ganze mit zeitgemäßer Optik und Action und vielen, vor allem unverbrauchten, jungen Gesichtern. Dass hierbei die Philosophie und die moralische Botschaft etwas auf der Strecke bleibt, tut dem Film meiner Meinung nach keinen Abbruch.

Es wurde höchste Zeit für das schonungslose Aufpeppen des gesamten Franchise. Mögen die Trekkies Amok laufen und die Produzenten lynchen, wenn es sie glücklich macht. Star Trek 11 ist supercool, kurzweilig und bietet den perfekten Einstieg für alle Neulinge und für alle, denen Star Trek einfach zu komplex und kompliziert geworden ist.

Star Trek (USA 2009): R.: J.J. Abrahms; D.: Chris Pine, Zachery Quinto, Carl Urban, u.a.; M.: Michael Giacchino; Offizielle Homepage

On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr bei Radio Lotte Weimar

Sonntag, 10. Mai 2009

Gus Van Sant - Milk

Alle Menschen sind gleich. Zumindest heißt es so in den meisten demokratischen Verfassungen. Dass es nicht immer so ist, zeigt die Existenz von zahlreichen sozialen Minderheiten und Randgruppen, die es in jeder Gesellschaft gibt. Hin und wieder tauchen allerdings Figuren auf, die durch großes Engagement und vor allem viel Mut gegen den Strom schwimmen, um die Rechte der Minderheiten, die sie vertreten zu sichern. Der neue Film von Gus Van Sant - "Milk" - handelt von einer solchen Figur und läuft bereits seit Februar in deutschen Kinos.

Harvey Milk ist ein homosexueller Büroangestellter in New York. Er führte bisher ein eher biederes Leben und lebte seine Homosexualität vor allem heimlich aus, da es in den 70er Jahren ernste Konsequenzen bedeutete, sich öffentlich dazu zu bekennen. An seinem vierzigsten Geburtstag lernt Harvey den jungen Scott kennen und verliebt sich in ihn. Kurz darauf entschließen sich beide, nach San Francisco zu gehen, weil sie glauben, dort in Ruhe leben zu können. Dort angekommen, merken sie allerdings, dass selbst in tollsten Hippievierteln kein Platz für Homosexuelle ist. Harvey sieht nur einen Weg, sich Gehör und vor allem Gleichberechtigung zu verschaffen, nämlich den politischen. Er kandidiert als Stadtrat in San Francisco und obwohl alle Chancen gegen ihn stehen und er bei mehreren Wahlen eine Niederlage erfährt, schafft er es 1978 und wird dank einer regelrecht viralen Werbekampagne und vielen Unterstützern zum ersten öffentlich bekennenden schwulen Stadtrat in einer amerikanischen Stadt. In Amt und Würden tun sich nicht nur mehr Möglichkeiten für Harveys Ziele auf, es offenbaren sich neue Schwierigkeiten und mehr und mehr politische Gegner.

"Milk" basiert auf wahren Ereignissen und wurde vom Regie-Querulanten Gus Van Sant nüchtern und trotzdem packend in Szene gesetzt. Hier wird durch einen einfachen Kniff eine besonders hohe Authentizität bewirkt. Das Bild sieht immer ein bisschen staubig aus und die Kamera steht nie so richtig still. Dadurch wirkt das ganze, wie eine alte Dokumentation, die man sich auf einem ebenso alten Projektor ansieht. Technische Spielereien, die kein Mensch braucht, werden manche sagen, aber dadurch wird alles wesentlich intensiver für den Zuschauer. Intensiv ist auch Hauptdarsteller Sean Penn zu erleben, der seine Performance vorbereitete, in dem er sich Fotos und Filmaufnahmen vom echten Harvey Milk ansah. Für seine ungewöhnlich beeindruckende Leistung ist Sean Penn mit dem Oscar ausgezeiczhnet worden. Außerdem sind zu sehen Emile Hirsch und James Franco, der zu letzt im wenig rühmlichen dritten Teil der Spider-Man-Filme als grüner Kobold zu sehen war.

"Milk" ist ein spannendes Portrait über einen Mann, der sich gegen sämtliche Hindernisse warf, um die Rechte einer sozialen Minderheit zu festigen. Solche Menschen hat es schon immer gegeben und einem jeden von ihnen haben wir Veränderungen historischen Ausmaßes zu verdanken. Noch eines haben diese Menschen leider auch gemeinsam. Wie Harvey Milk sammeln sie eine große Zahl von Feinden an und einer dieser Feinde geht den letzten Schritt. Harvey Milk wurde kurz nach der Entscheidung gegen Anti-Schwulen-Gesetze in Kalifornien von einem Amtskollegen im Rathaus erschossen.

Milk (USA 2008): R.: Gus Van Sant; D.: Sean Penn, James Franco, Emile Hirsch, u.a.; M.: Danny Elfman; Offizielle Homepage

Filmrezensionen jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar