Donnerstag, 26. März 2009

Zack Snyder - Watchmen

Was ist eine Graphic-Novel? Ein Comic, von jemanden gezeichnet, der nicht zeichnen kann? Ein Comic, in dem die Geschichte einen wichtigeren Aspekt einnimmt, als deren grafische Darstellung? Beides falsch. Eine Graphic-Novel entsteht auf die gleiche Weise, wie herkömmliche Comics, nur dass sich die Autoren vom Begriff Comic distanzieren, weil die Themen oft alles andere als komisch sind.
Man nehme „Sin City“, „Maus“ und „From Hell“; stets düstere, brutale Geschichten, die sich vor allem durch ihren grafischen Stil definieren. Text und Bild harmonieren perfekt und es ergibt sich ein Kunstwerk. Klingt alles ein bisschen schwer zugänglich. Deshalb hat Hollywood jetzt seine Vorliebe für diese Art von Literatur entdeckt und nutzt das alternative Image von Graphic-Novels um alternative Filmprojekte umsetzen zu können. Plötzlich weiß jeder, wer Frank Miller und Alan Moore sind. Der Regisseur Zack Snyder hat sich jetzt das 600 Seiten Monstrum „Watchmen“ geschnappt und packend inszeniert auf die Leinwand gebannt.

Wir schreiben das Jahr 1986 in einer alternativen Vergangenheit. In den 50er Jahren haben sich ein paar Polizisten schrille Kostüme genäht und haben als maskierte Recken „Minute Men“ für Gerechtigkeit gesorgt. Deren Nachfolger, die „Watchmen“, haben den Job übernommen und dann fragwürdige Popularität erreicht. In Viet-Nam sorgen sie dafür, dass die Amerikaner den Krieg gewinnen, Nixon wird fünf mal wieder gewählt und der Kalte Krieg ist auf seinem Höhepunkt. Der einzige Grund, weshalb die Situation noch nicht eskalierte, ist, dass Russland Angst vor den Superhelden hat. Allerdings hat Nixon ein Gesetz erlassen, welches die Aktivität als Superheld verbietet. Somit fristen die ehemaligen Strahlemänner ein eher tristes Dasein als normale Bürger. Eines Tages geschieht das Unfassbare. Comedian, ein Mitglied der Watchmen, wird von einem unbekannten Täter ermordet und Rohrschach, der einzige Held, dessen Identität noch niemandem bekannt ist, nimmt Nachforschungen auf und glaubt, einer großen Verschwörung auf der Spur zu sein. Er versucht nun, die übrigen Watchmen wieder zu vereinen. Doch Niteowl ist ein biederer, kleinkarierter Spießer geworden, Ozymandias und Dr. Manhattan sind damit beschäftigt, eine mächtige Energiequelle zu entwickeln, die den USA die Vormachtstellung sichern soll und Silk Spectre kämpft mit ihrer Vergangenheit und ihrer verbitterten alten Mutter. Viel zu spät merkt Rohrschach, dass der Mord an Comedian nur ein kleiner Teil eines viel größeren Planes ist, der zum Ziel hat, Millionen von Menschen zu töten. Bevor er heraus kriegen kann, wer dahinter steckt, wird er jedoch verhaftet.

Zack Snyder ist ein ganz frischer Vertreter der Hollywood Super-Regisseur-Riege. 2004 erregte er Aufmerksamkeit durch seine mit Speed aufgepeppte Neuauflage des Zombie-Klassikers „Dawn Of The Dead“ und schon damals war klar, dass er ein großer Fan von perfekt inszenierten Bildern ist. Richtig austoben konnte er sich in der Verfilmung von Frank Millers „300“ und schaffte eine perfekte Adaption des Comic-Stoffes. In „Watchmen“ perfektioniert er den Bilderrausch übernimmt unglaublich detailliert die Bilder der einzelnen Panele. Auch hier ist wieder der verblüffende Effekt zu bemerken, den man schon bei „Sin City“ bewundern durfte. Würde man sich mit dem Buch ins Kino setzen, könnte man den Film Seite für Seite mit blättern. Hier kommt ein weiterer positiver Aspekt von Snyders Stil zum tragen. Während andere Genrevertreter in Action-Sequenzen immer schneller und hektischer werden, verlangsamt Snyder alles um so mehr, je spektakulärer eine Szene ist. Eben so, als würde man sich ein besonders packendes Bild im Comic ganz genau und lange ansehen, während man es liest.
Das ist sehr entspannend und strengt das Auge nicht so an. Im Gegenteil. Man wird verwöhnt mit fantastischen Bildern und während Snyder in „300“ noch die Story ein wenig auf der Strecken bleiben ließ, lässt er in „Watchmen“ die geballte Ladung an Inhalt mit einfließen.

„Watchmen“ fesselt die gesamten 3 Stunden und macht einfach Spaß zu sehen. Außerdem lässt er die strahlenden Superheldn mal im harten realistischern Licht stehen und reduziert diese Muskelfiguren auf schrullige Typen, die alle ihre Eigenarten haben, eben so, als wären es ihre Superkräfte.

Watchmen (USA 2009): R.: Zack Snyder; D.: Jeffrey Dean Morgan, Malin Ackerman, Jackie Earlie Hale; u.a.; M.: Tyler Bates; Offizielle Homepage

Filmrezensionen jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar


Donnerstag, 19. März 2009

Darren Aronofsky - The Wrestler

Schauspieler und Wrestler haben ziemlich viel gemeinsam. Die Kämpfe sind meistens vorher mit dem Gegner abgesprochen, die Stunts sind alle echt und durchaus auch gefährlich und wichtiger, als den Gegner zu Brei zu hauen – mit dem man hinterher übrigens in bester Wrestlermanier ein Bierchen trinken geht – ist der Kampf um die Gunst des Publikums. Es ist eine seltsame, verdrehte Welt, die für Außenstehende zuweilen sehr lächerlich wirken kann. Dass sich auch in dieser Welt echte und vor allem fühlende Menschen befinden, zeigt uns Darren Aronofskys neuer Film „The Wrestler“ mit Mickey Rourke.

Randy ist Wrestler. Er ist eine regelrechte Ikone. Einer von den übrig gebliebenen knallbunten Figuren aus den Wrestling-Ringen der 80er Jahre. Doch die Zeit ist natürlich nicht spurlos an ihm vorüber gegangen. Zahlreiche Verletzungen belasten seinen durch Steroide und andere Medikamente aufgepumpten Körper. Und viel zu oft schwärmt er mit Kollegen über alte Zeiten. Mit seinem Job im Ring verdient er kaum genug Geld, um einen kleinen Wohnwagen bezahlen zu können und außer ihm scheint sich in seinem Umfeld niemand übermäßig für das Profiwrestling zu begeistern. Einzig die Stripperin Cassidy ist eine Art Freundin für ihn, die ihm zu hört und – wenn er zahlt – hin und wieder für ihn tanzt.
Dies ist allerdings eher eine Beziehung zwischen Dienstleister und Kunden und Cassidy lässt auch nicht zu, dass diese Beziehung jemals andere Ebenen erreichen könnte.
Eines Tages geschieht es und Randy bricht nach einem besonders harten Kampf in der Umkleidekabine zusammen und erwacht im Krankenhaus wieder.
Die Diagnose ist schockierend und niederschmetternd. Randy hat nur knapp einen Herzanfall überlebt und nach einer Bypass-Operation rät ihm sein Arzt dringend, das Wrestling aufzugeben.
Randy wird nun in eine Welt geschoben, die er nicht versteht und er versucht, ein normales Leben zu führen. Hier entwickeln sich allerdings Schwierigkeiten, die nichts mit seinem kranken Herz zu tun haben.

„The Wrestler“ zeichnet ein authentisches Bild des Wrestling-Sports in Amerika. So albern diese Kämpfe auch wirken können, sie folgen ganz bestimmten Regeln und eines der ersten Dinge, die Hauptdarsteller Mickey Rourke über das Wrestling gelernt hat, war, dass man sich auch in einem gefakten Kampf echte Verletzungen holen kann.
Im Film brilliert Mickey Rourke und spielt die Rolle so, als sei er selbst jahrelang von den Seilen gesprungen. Und tatsächlich; für Rourke hat der Film etwas autobiographisches, denn er hat seine Karriere als Boxer begonnen und während seine Karriere als Schauspieler stagnierte, hatte er wieder zahlreiche Box-Kämpfe aus zu fechten. Rourke ist ein Schauspieler mit einer ganz bestimmten Ausstrahlung, der man sich schwer entziehen kann und ganz besonders faszinierend ist es einfach, zu beobachten, wie er von ganz unten regelrecht wieder nach oben gestürmt ist und mit seinem ersten – ernst zu nehmenden – Film seit vielen Jahren sogleich eine Oscar-Nominierung ergattert hat. Und möglicherweise ist es das, sowas zu können, was einen guten Schauspieler ausmacht.
Rourke ist allerdings auch auf einen interessanten Regisseur getroffen, bei dem man sich zuweilen schwer tut, seine Filme zu verstehen. Bei „The Wrestler“ allerdings arbeitet Aronofsky mit klaren, geradezu dokumentarischen Bildern. Nichts wirkt übertrieben oder unrealistisch und man taucht ein in eine Welt, die scheinbar früher einmal geglänzt und geglitzert hat und in der nun der ganze Prunk abgeblättert ist.

„The Wrestler“ – ein ganz wichtiger Film für Mickey Rourke, denn er lässt sich selbst und den Wrestlingsport mit diesem detailgetreuen und wahrheitsgemäßen Drama wieder auferstehen.

The Wrestler (USA 2008): R.: Darren Aronofsky; D.: Mickey Rourke, Marisa Tomei;, Evan Rachel Wood, u.a.; M: Clint Mansell; Offizielle Homepage

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Mittwoch, 11. März 2009

Clint Eastwood - Gran Torino

Hollywoodlegenden neigen, vor allem im fortgeschrittenem Alter dazu, häufiger und mit leicht nervtötendem Nachdruck auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht geht ihnen das Geld aus, vielleicht müssen sie sich einfach beweisen, dass sie mit 70 noch genauso agil sind, wie mit 17. Vielleicht sitzen sie auch einfach in ihrem Haus vor dem prasselnden Kamin bei einem guten Tropfen und haben angst, in Vergessenheit zu geraten. Und was ist nun aus Harrison Ford geworden? Ist er immer noch der kleine Junge, der mit Peitschen spielt und nach vergrabenen Schätzen sucht? Oder nehmen wir Sylvester Stallone. Wenn sein letzter Rambo-Film eins überzeugend gezeigt hat, dann, dass Stallone alt geworden ist.
Es gibt allerdings sehr angenehme Ausnahmen bei diesem Phänomen. Besonders hervor zu heben ist hier Tommy Lee Jones und natürlich Clint Eastwood, dessen Filme immer besser werden, je älter er wird. In seinem letzten Film als Schauspieler „Gran Torino“ beschäftigt er sich einmal mehr mit Schuld und Sühne.

Walt ist alt und verbittert. Als Korea-Veteran traumatisiert, ist die einzige Leidenschaft, die er aufbringen kann, die für das Auto, welches er jahrelang bei Ford montiert hat. Nachdem er in den Ruhestand getreten ist und seine Frau verstorben ist, bleibt ihm nur noch sein Hass auf prinzipiell alles, aber vor allem auf Ausländer und Emigranten und alle anderen, die auf seinem Rasen nichts verloren haben. Er ist eben ein verbitterter, schrulliger, alter Meckerkopp. Mit wachsendem Missmut beobachtet er, wie immer mehr asiatische Familien in sein Viertel ziehen. Hinzu kommt seine eigene Familie, mit der er nichts anfangen kann, außer sie an seinem Geburtstag vor die Tür zu setzen, weil sie ihm vorschlagen, in ein Seniorenheim zu ziehen. Eines Tages wird der Nachbarjunge Thao von einer Bande, halbstarker Gangkids terorrisiert. Walt vertreibt die Gangmitglieder. Er ahnt nicht, dass ihn das zu einem regelrechten Helden im Viertel macht. Weist er die Dankbarkeit der Nachbarn zunächst schroff ab, freundet er sich schließlich mit ihnen an und kümmert sich sogar um Thao. Schnell wird Walt ein gern gesehener Gast bei den Nachbarn und auch er wird immer wieder von kulinarischen Geschenken vor seiner Haustür überrascht. Doch die Störenfriede geben keine Ruhe und werden immer dreister und brutaler, so dass Walt nur noch eine Möglichkeit hat, seinen neuen Freunden zu helfen.

Die späteren Filme von Clint Eastwood gaben sich nacheinander den Staffelstab in die Hand und jeder der ohnehin schon ausgezeichneten Filme, wurde von seinem Nachfolger noch übertroffen. Eastwood hat ein tiefes Verständnis für Filme entwickelt und weiß sehr genau, wie er die Motive, die er sich aussucht in einer packenden Geschichte erzählen muss. Dabei zehrt er von seiner jahrelangen Erfahrung als Schauspieler und Filmemacher.
"Gran Torino“ ist ein perfekt inszeniertes Drama, ohne auf hin und wieder auftauchende Auflockerungen zu verzichten. Manche Situationen, in denen der knorrige Rassist Walt auf die ganz genauso denkende Großmutter Thaos trifft, sind einfach zum Brüllen komisch. Der Film balanciert mit unglaublicher Leichtigkeit zwischen diesen äußerst amüsanten Szenen und den sehr tragischen Teilen der Geschichte, ohne, dass es jemals unglaubwürdig erscheint.

Clint Eastwoods letzter Auftritt vor der Kamera ist so inszeniert, dass man es wirklich glaubt. Er ist nicht einer jener alten Männer, die schon vor Jahren den Job an den Nagel gehangen haben und nun Angst vor dem Vergessen haben werden. „Gran Torino“ ist der bisher beste Film von und mit Clint Eastwood was nur heißen kann, dass sein nächster Film noch besser wird.

Gran Torino(USA 2008): R: Clint Eastwood, D: Clint Eastwood, Christopher Carley, Ben Vang,
Ahney Her, u.a., M: Kyle Eastwood, Offizielle Homepage

Filmrezension jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

Der coolste Job der Welt?

Jede Woche ins Kino zu gehen, sich neue Filme an zu sehen, diese in einer wöchentlichen Radiosendung zu bewerten, ist - für mich jedenfalls - der coolste Job der Welt. Seit eineinhalb Jahren habe ich das Vergnügen, dieser Tätigkeit für das Weimarer NKL Radio Lotte nachzugehen.
Hierfür habe ich willkommene Unterstützung der in Weimar angesiedelten Kinos erhalten.
Es geschieht sehr oft, dass Freunde und Bekannte nicht dazu kommen, die Rezensionen live zu hören und aus logistischen Gründen, stehen die Beiträge nicht online zur Verfügung. Damit man sie zumindest nachlesen kann, nimmt dieser Blog nun seine Arbeit auf und zwar so lange, bis mir die Muse, oder gar die logistischen Möglichkeiten, als Rezensist tätig zu sein, versagt bleiben.
Immer Donnerstag - weil Kinotag - erscheint eine neue Rezension zu einem Film, der aktuell in Weimar startet, oder gestartet ist.

In diesem Sinne - mal sehen, was die Zeit bringt - viel Vergnügen.