Freitag, 31. Juli 2009

Harry Potter und der Halbblutprinz

Eine Geschichte, die direkt aus dem Märchenbuch stammen könnte. Eine mittellose Londoner Schriftstellerin geht jeden Tag in das selbe Café. Hier klammert sie sich stundenlang an einer Tasse fest. Mehr kann sie sich einfach nicht leisten. Irgendwann beginnt sie, sich die Zeit zu vertreiben und kritzelt die ersten Sätze einer neuen Geschichte auf eine Serviette. Sie handelt vom kleinen Jungen Harry, dessen Eltern Zauberer waren. Er ist nun alt genug, um die Zauberschule Hogwarts zu besuchen. Hier erlebt er mit seinen Freunden Ron und Hermine zahlreiche Abenteuer und begegnet immer wieder dem finsteren Bösewicht Voldemort. Diese Serviettengeschichte macht die arbeitslose Autorin plötzlich berühmt und Harry Potter wird zum Dauerschlager in kindlichen und elterlichen Bücherregalen. Aus der Serviette sind nunmehr 7 Bücher geworden und seit einigen Wochen läuft der sechste Kinofilm in den Deutschen Lichtspielhäusern. Während die Bücher immer spannender wurden, hatten die Verfilmungen zuweilen Schwierigkeiten, die enormen Erwartungen zu erfüllen.

Wir erinnern uns: Der Dunkle Lord Voldemort galt als besiegt, doch nun ist er wieder auferstanden und scharrt seine Anhänger um sich. Sein Erzfeind Harry Potter erlebt unterdessen einen Tiefschlag nach dem andern, denn nachdem seine beiden Eltern ermordet worden sind, ist nun auch noch sein Mentor Sirius Black getötet worden. Seit der dunkle Lord wieder da ist, lebt es sich für alle guten Zauberer sehr gefährlich. Sogar in Hogwarts fühlt sich niemand mehr richtig sicher. Dennoch versucht man, einen normalen Schulalltag zu meistern. Unterricht, Quidditch spielen und...ach ja...Mädchen. Mittlerweile sind Harry und Ron keine kleinen Jungs mehr, ebenso wenig, wie Hermine und Ginny keine kleinen Mädchen mehr sind. Es stehen also schier unlösbare und dramatische Probleme ins Haus und angesichts dieser Probleme, würde sogar Harry Potter lieber noch einmal gegen den Hornschwanz kämpfen. Hinzu kommt, dass Dumbledore immer wieder heikle Aufträge für Harry hat. So soll er zum Beispiel den neuen Lehrer für Zaubertränke aushorchen, um mehr über Tom Riddle zu erfahren. Außerdem häufen sich die Mordanschläge auf Dumbledore. Irgendwer im Schloss führt also was böses im Schilde.

Es ist zum regelmäßigen Einerlei geworden. Harry Potter ist fester Bestandteil des Kinoprogramms und ein oft gesehener Gast auf den Hitlisten an der Kasse. Der sechste Teil erfindet das Rad natürlich nicht neu und baut auf den bewährten Supereffekten und der Mischung aus düsterer Fantasy Story und alltäglichen Augenzwinkereien der Zauberschüler. Im Vergleich zu seinen Vorgängern ist dieser Film wesentlich düsterer und das ist wörtlich zu nehmen. Alles ist, wie in einen Schleier gehüllt. Es fehlt allem und jeden an Farbe. Kühle Blautöne dominieren die Geschichte. Überhaupt gibt es wenig erfreuliches, oder gar übermütiges. Das alles schlägt teilweise so aufs Gemüt, dass die kleinen Auflockerungen stets eine große Welle der Erleichterung bringen, die aber nicht lange anhält, denn wir wissen ja bereits, dass es kein all zu gutes Ende nimmt. Hier kommt der größte Kritikpunkt zum tragen und den kann man nicht mal dem Film selbst vorwerfen. Durch die allgemeine Hysterie, die stets um den Zauberer Harry Potter entsteht, wenn ein neues Abenteuer erscheint, ist es beinahe unmöglich, nicht zu wissen, wie das überaus dramatische Ende der Geschichte ausfällt. Das nimmt dem Film leider einen Großteil seiner Spannung und Wirkung. Hinzu kommt, dass der namensgebende Fakt, der Halbblutprinz nämlich, überhaupt nicht thematisiert wird, geschweige denn genauer erläutert wird. Diejenigen, die das Buch gelesen haben, mögen ja vielleicht wissen, was das nun eigentlich ist, aber alle anderen bleiben im Dunkeln, beziehungsweise im Düsteren.

Ich hätte „Harry Potter und der Halbblutprinz“ genießen können, hätte ich nicht vorher schon die wichtigsten Details gekannt. Falls es wirklich noch Menschen gibt, die total unbedarft sind, möchte ich denen nicht diesen Genuss zerstören und erzähle das spannende Ende erst, wenn das Mikro aus ist.*

Harry Potter and the Half-Blood Prince (GB/USA 2009): R.:David Yates; D.: Daniel Radcliffe, Michael Gambon, Emma Watson, ua.; M.: Nicholas Hopper; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

On Air: Jeden Donnerstag, 12:25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar.

*So sagt man das im Radio.

Samstag, 25. Juli 2009

Brüno

Wenn man sich über die Gesellschaft und die eigene Kultur aufregen will, muss man immer ein bisschen aufpassen, damit man sich als Angehöriger eben dieser Gesellschaft nicht selbst ins Knie schießt. Als Filmemacher hat man da mehrere Möglichkeiten, die Zustände der Gesellschaft an zu prangern. Man könnte sich ganz sachlich und ernsthaft damit auseinander setzen. Pros und Kontras auflisten und das ganze möglichst wertungsfrei, damit sich der Zuschauer ganz unbefangen seine eigene Meinung machen kann. Soweit die Theorie, aber der Spaß bleibt dabei doch auf der Strecke. Deshalb machen sich viele der so genannten provokanten Filmemacher einfach lustig über alles, was ihnen einfällt. Sacha Baron Cohen zum Beispiel ist ein Künstler, der sich ein besonderes Konzept überlegt hat, die Abgründe der amerikanischen Gesellschaft bloß zu stellen und zu kritisieren. Er verkleidet sich und erfindet Figuren, die allein durch ihre Anwesenheit an bestimmten Orten schon nach Schlägen schreien. Vor zwei Jahren war er als judenfeindlicher Journalist aus Kasachstan mit dem Namen Borat in Hollywood unterwegs. Jetzt geht er als schwuler Fernsehmoderator aus Österreich nach Amerika. Sein Name: Brüno!

Über den Inhalt oder die Handlung des Films zu reden, erspare ich mir jetzt, denn die Spannung würde verloren gehen, wenn man auch nur eine Sache erzählt. Nur soviel: Es werden mal wieder sämtliche Tabus und Grenzen überschritten und man kann sich nur darüber wundern, wie es Cohen gelungen ist, da lebend wieder heraus zu kommen. Er ist Brüno, ein Fernsehmoderator aus Österreich, der durch ein kleines Missgeschick bei der Mailänder Modewoche in Ungnada fiel. Um wieder berühmt und beliebt zu werden, geht er nach Amerika. Hier sollte man etwas wichtiges über ihn erfahren. Brüno ist schwul, und zwar stockschwul und er macht daraus nie einen Hehl. Der Film handelt also davon, wie normale Menschen auf ihn reagieren und dabei buchstäblich die Hosen runterlassen.

Sacha Baron Cohen traut sich was. Als Borat trat er in Texas bei einem uramerikanischen Rodeo auf und sang die amerikanische Hymne mit dem ausgedachten Text der ksachischen Hymne und sorgte für lautstarken Unmut. Als Brüno treibt er es noch weiter. Interessant ist immer wieder, wie man auf ihn reagiert. Er pöbelt hemmungslos durch die Gegend. Er sagt immer das Falsche und tritt sozusagen von einem Fettnäpfchen zum nächsten. Man könnte sagen, er tut das, weil er ein besonders tolpatschiger oder dummer Mensch ist, aber natürlich ist das alles Teil der Figur. Beeindruckend ist, wie Cohen diese Figuren bis ins kleinste Detail entwirft, so dass er trotz seiner Lächerlichkeit zumindest am Anfang immer ernst genommen wird. So schafft er die unmöglichsten Situationen und kritisiert auf schockierende, aber durchaus unterhaltsame Weise die amerikanische Gesellschaft.
Das Manko dieses Films ist, dass er im Grunde das selbe macht, wie schon einmal. Diesmal geht er stets auf Nummer sicher und die verrücktesten Szenen sind allesamt inszeniert. Diese Inkonsequenz nervt. Provozieren: Ja; Konsequenzen dafür tragen: Lieber nicht.

Wem die skandalöse Klischeeschlacht mit Borat gefallen hat und einfach mehr will, kommt an "Brüno" nicht vorbei. Neben zahlreichen Peinlichkeiten und Schocks sollte man sich aber vor allem eines bewusst sein. Die einzigen Menschen, die bei diesem Film wirklich nicht gut weg kommen, sind die Homosexuellen.

Brüno (USA 2009): R.: Sacha Baron Cohen; D.: Sacha Baron Cohen, Gustaf Hammersten, Clifford banagale, u.a.; Offizielle Homepage

In Weimar: CineStar

On Air: Jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar

P.S.: Die nächsten Filme, die ich mir angesehen habe, werden hier nicht vorgestellt. Aus zwei Gründen: "Transformers 2" war einfach so furchtbar, dass allein die Erwähnung des Films kalten Schweiß auf die Stirn treibt. "Public Enemy No.1 - Todestrieb" leif in Weimar leider nur eine Woche, weshalb auch dessen Besprechung flach fällt. Ab nächste Woche geht's gewohnt weiter mit - wie ich hoffe - "Inglorious Bastardz".
-Jan-

Montag, 6. Juli 2009

Che - Revolucion

Er hat ein Gesicht, das jeder auf dieser Welt kennt. Es ziert in verschiedenen modischen Varianten, zahlreiche Kleidungsstücke, Taschen, Poster und ist der Inbegriff für Rebellion, Revolution und für das sprichwörtliche Rütteln am Käfig. Die Rede ist von Ernesto „Che“ Guevara. Aber was wissen wir über diesen Mann? Ja, also: Cuba eben. Und Revolution halt. Fidel Castro. Und Zigarren. Nur, wer sich ausführlich mit der jüngeren Geschichte Lateinamerikas beschäftigt, kennt die genauen Abläufe der verschiedenen Gelegenheiten, durch die Che Guevara berühmt wurde. Die Wenigsten wissen, was er für ein Mensch war. Um dem abzuhelfen, hat Regisseur Steven Soderbergh jetzt das Leben des Arztes Ernesto aufwändig verfilmt. Diese Filme sollen uns den Mythos näher bringen, doch damit scheitert Soderbergh kläglich.

Wir werden direkt in die Geschichte katapultiert. Eine amerikanische Journalistin interviewt Che Guevara und er erzählt. Alles beginnt mit einem konspirativen Treffen. Che, Fidel und einige andere beschließen, die Revolution nach Cuba zu bringen. Und los geht’s. Mit einem Schiff wird die Überfahrt bewältigt und eine kleine Gruppe von etwa 30 Kämpfern startet den langen Marsch in die Hauptstadt Havanna. Unterwegs treffen sie nicht nur auf Regierungstruppen, sondern auch auf zahlreiche Mitstreiter. Je weiter die Widerstandskämpfer kommen, desto mehr Einheimische schließen sich ihnen an. Die Guerillas folgen bei ihrem Vorgehen einem bestimmten Konzept. Jeder Schritt ist wohl überlegt und liegt immer einer bestimmten Taktik zugrunde. Bauern werden professionell ausgebildet, sowohl im Kämpfen, als auch beim Schreiben und Lesen. Mit unglaublicher Präzision und Disziplin marschieren sie immer weiter und üben so Druck auf die Regierung aus. Und eines Tages kommt es tatsächlich zum spektakulären Einmarsch in Havanna. Der Krieg ist vorbei, die Revolution beginnt. Unterwegs werden Bündnisse mit zahlreichen Splittergruppen getroffen und so verfügt der Widerstand über eine größere Streitmacht, als die Armee der Regierung. Unterwegs wurde außerdem schnell noch fest gelegt, dass Fidel Castro der alleinige Oberkommandierende der Rebellenstreitkräfte ist, so dass auch für den nächsten Führer des Landes gesorgt ist.

Der ein oder andere mag jetzt denken: Warum erzählt der jetzt eigentlich schon den ganzen Film? Tja. Das sind eben die historischen Fakten und Ereignisse, die genau so statt gefunden haben. Und entsprechend penibel und genau handelt der Film diese Ereignisse ab. Das Interview dient als Rahmenhandlung und der Rest wird in Form von Rückblenden mit Off-Kommentaren erzählt. Die wenigen Szenen, bei denen ein Anflug von Spannung aufkommt, werden durch schroff eingeblendete Interviewpassagen veredelt, wodurch niemals Kino-Feeling aufkommen kann. Es ist eben ein teuer produzierter Dokumentarfilm geworden. Das alles wäre nicht so schlimm, da es sich ja um einen Kunstgriff und ein filmisches Konzept handelt, welches bei diesem Stoff durchaus stimmig sein kann. Aber trotz der peniblen Abhandlung der Fakten, ist der Film viel zu oberflächlich, da die wirklich interessanten Fragen gar nicht angesprochen werden. Was war dieser Che eigentlich für ein Mensch? Welche Motive hatte er, sein wohl durchdachtes Konzept der Revolution in ganz Lateinamerika zu etablieren? Warum hat er trotz seines schweren Asthmas die ganze Zeit geraucht, wie ein Schlot? Davon ist in diesem Film überhaupt nicht die Rede. Alles ist derart nüchtern inszeniert, dass man glauben könnte, man sitzt wieder in der Schule und kriegt einen Lehrfilm vorgeführt. Dazu kommt die Länge des Films. Über zwei Stunden diese Art Film sorgten zumindest bei mir dafür, dass mein Interesse, eventuell den zweiten Teil zu sehen, vollkommen erloschen ist.
Zum Abschluss noch ein Wort zur viel gepriesenen, charismatischen Darstellung von Benicio del Toro. In diesem Film hätte jeder x-beliebige Schauspieler diese Rolle übernehmen können. Da war del Toro selbst im schnarchigen 007-Abenteuer „Lizenz zum töten“ charismatischer.

„Che - Revolucion“ ist nur zu empfehlen für Leute, die sich wirklich für die Geschichte Cubas interessieren und einfach mal gerne ein kompaktes Sammelwerk vorgesetzt bekommen wollen. Zuschauer, die ein spannendes Kinoerlebnis und eine packende Darstellung einer interessanten, historischen Figur erwarten, werden leider enttäuscht.

Che – The Argentine (Spanien / USA 2008): R.: Steven Soderbergh; D.: Benicio del Toro, Demian Bechir, Julia Ormond, u.a; M.: Alberto Iglesias; Offizielle Homepage

In Weimar: lichthaus

On Air: Jeden Donnerstag 12.25 Uhr live auf Radio Lotte Weimar